Vom Altbeton zum Recyclingbeton
Produktionsgebäude mit langer Geschichte
Schonende Reinigung
Lärm und Erschütterungen
Neues kann entstehen
Eine nachhaltige Entwicklung
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Aus alt mach neu

Im Leitbild «Nachhaltigkeit für den Campus» hat sich Novartis für den schonenden Umgang mit Ressourcen verpflichtet. Auch beim Abbruch von Gebäuden wird auf die Wiederverwendung gebrauchter Materialien geachtet. Das ist insbesondere bei alten Produktionsgebäuden eine komplexe Aufgabe und erfordert gut koordinierte Arbeitsprozesse, wie der Rückbau der Gebäude WSJ 316, 318 und 319 zeigt.

Text von Peter Herzog

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Chemiereine Innenräume des Baus 316 vor dem Gebäudeabbruch.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich im Oktober 2015 publiziert.

Dumpfe Schläge, lautes Krachen und das Knirschen der mächtigen Greifer einer Baggerschaufel, die sich in den Beton beisst: Baulärm gehörte in den letzten Monaten im Bereich Hüningerstrasse und der Porte 18 zum Alltag auf dem Campus. Arbeiter hielten dicke Schläuche und spritzten Wasser ins Gelände, um riesige Staubwolken zu verhindern. Schweres Baugerät war aufgefahren worden, um die Gebäude WSJ 316, 318 und 319 dem Erdboden gleich zu machen. Um die grossen Betonbrocken zu zerkleinern, wurde ein spezieller Brecher eingesetzt, der grosse Stücke im Handumdrehen zerkleinert. Derweil sortierten riesige Magnete Armierungseisen aus.

An der Stelle, wo sich die drei Gebäude befanden, ist das neue Labor- und Bürogebäude Imhotep 5 geplant, das vom portugiesischen Architekten Gonçalo Byrne entworfen werden soll. Die restlichen Flächen werden begrünt und dienen als Baulandreserve.

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Vom Alt­be­ton zum Re­cy­cling­be­ton

Bevor das Neue entstehen kann, musste das Alte weichen. Rund 171 000 Kubikmeter Altbeton, Bauschutt und Aushubmaterial seien mit Lastwagen abgeführt worden, erklärt Projektmanager Gregor Martin. 90 Prozent des abgebrochenen Altbetons sind unbelastet und können wiederverwendet werden. Das stellte man fest, indem man vor dem Abbruch aus Betonwänden, Böden und Decken über 100 Proben herausbohrte. Die Bohranalysen ergaben, dass der grösste Teil der Betonkonstruktion weder von Chemikalien noch durch andere Substanzen belastet ist.

Der unbelastete Altbeton wurde zum Kies- und Sandwerkunternehmen Meyer-Spinnler in Muttenz gefahren, wo er fein gebrochen wird. Nach dem Brechen des Betonmaterials wird nach Zugabe von Kies Recyclingbeton erstellt. Dieser kann dann für Magerbeton, dem nur eine geringe Zementmenge beigemischt wird, Konstruktionsbeton oder Sichtbeton verwendet werden. «Qualitativ ist dieser Recyclingbeton in der Regel gleichwertig wie ‹normaler› Beton», weiss Gregor Martin.

Aufgrund der knapper werdenden Kiesressourcen wird der Kreislauf «Abbruchbeton zu Recyclingbeton» im Baugewerbe immer wichtiger und ist wirtschaftlich interessant. Auch das neue Zürcher Fussballstadion auf dem Letzigrund beispielsweise wurde aus dem Abbruchbeton des alten Stadions neu aufgebaut.

Das stärker belastete Material dagegen wurde in die Bodenwaschanlage nach Rümlang bei Zürich, der Rest je nach Belastungsgrad auf die jeweils geeignete Deponie gebracht.

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Pro­duk­ti­ons­ge­bäu­de mit lan­ger Ge­schich­te

Bis im Juli 2014 waren die Gebäude WSJ 316, 318 und 319 von Bio-PharmOps und ChemOps Schweiz noch für die Produktion genutzt worden. Das älteste dieser drei Gebäude ist das WSJ 316. Es hat eine lange Geschichte. Gebaut wurde es zwischen 1939 und 1941 als zweistöckiges Produktionsgebäude. 1949 hatte die damalige Sandoz im WSJ 316 begonnen, aus den Blättern und Schoten der Sennapflanze das verdauungsfördernde Medikament Pursennid® zu produzieren.

Über sechs Dekaden lief die Herstellung des Naturprodukts. Teile der Anlage, wie beispielsweise die Extraktoren mit Baujahr 1948, stammen noch aus der Anfangsphase der Sennaproduktion. Im Verlauf der Jahre wurde das Gebäude mit den sich ändernden Bedürfnissen der laufenden Produktion mehrmals umgebaut und erweitert. Zwischen 1959 und 1961 wurde der zweistöckige Bau um vier neue Stockwerke deutlich vergrössert. 1975 war dann eine komplette Sanierung des Gebäudes notwendig. 1987 und 1994 kamen weitere Umbauarbeiten dazu.

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Bei der Meyer-Spinnler AG werden die Steintrümmer des Baus 316 zwischengelagert, bevor das Material für Neubauten eingesetzt wird.

Scho­nen­de Rei­ni­gung

Im Herbst 2013 stellte ChemOps Schweiz die Produktion von Pursennid im WSJ 316 ein. Die Betriebsbewilligung lief aus. Zudem hätte das Gebäude gemäss gültigen Auflagen des Kantons Basel-Stadt bezüglich Erdbebensicherheit saniert werden müssen. Bevor im Campus indes die Bagger aufgefahren werden konnten, mussten vor dem Rückbau eine Vielzahl von Vorstufenarbeiten ausgeführt werden: Als erstes galt es, die Gebäude chemiefrei zu reinigen. Dazu gehörte auch «eine historische Erkundung der Gebäude und der Produktion», wie der verantwortliche Ingenieur Johann Kreschek erklärt, um herauszufinden, was alles in diesen Anlagen im Verlauf der vielen Jahre hergestellt worden war.

Mit diversen Proben, die im Labor analysiert wurden, eruierte man die Schadstoffbelastung in den Gebäuden und der Infrastruktur. Erst aufgrund dieser Erkenntnisse begann man mit den komplexen Reini-gungsarbeiten. Danach wurden in einem zweiten Prozessschritt die Produktionsanlagen abgebaut. Auch die Infrastruktur des Gebäudes, wie elektrische Anlagen, Heizungen und Lift, wurden demontiert.

Die diversen, aus verschiedenen Jahrzehnten stammenden Baumaterialien sorgten bei den Analysen immer wieder für Überraschungen. «Wie oft in alten Bauten war Asbest eines der Probleme», erklärt Johann Kreschek. Früher wurde Asbest häufig als Isolation oder als feuerhemmendes Material verbaut, oft in Zwischendecken oder in Wänden, so dass es auf den ersten Blick nicht sichtbar war. «Die Asbestentfernung haben wir in enger Zusammenarbeit mit den HSE (Health, Safety & Environment) Spezialisten durchgeführt», sagt Kreschek. Dies sei ein heikler Arbeitsschritt bei der Entkernung, bei der sämtliche Zwischenwände und -decken sowie Fenster entfernt wurden. Erst als die Gebäude nur noch als Bauskelette dastanden, begann der eigentliche Rückbau.

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Arbeiter zertrümmern den Bau 316.

Lärm und Er­schüt­te­run­gen

Abbrucharbeiten sorgen aber nicht nur für Lärm und Staub, sondern auch für Vibrationen, wie Projektmanager Gregor Martin zu bedenken gibt: «In dieser Hinsicht hatten wir extreme Anforderungen, da in den benachbarten Gebäuden intensiv gearbeitet wurde. Zudem befinden sich im nur wenige Meter vom Bauplatz entfernten Chipperfield-Gebäude hochsensible Geräte für analytische Tests, die absolut keinen Erschütterungen ausgesetzt sein dürfen», so Gregor Martin.

Auch die Lärmgrenze musste genau eingehalten werden, und täglich stellte sich für die Bauarbeiter die Frage: «Wann dürfen wir bohren, wann dürfen wir beissen?» Sind die Gebäude dem Erdboden erst einmal gleich gemacht, bedeutet das noch nicht das Ende der Arbeiten. Die alten, unterirdischen Tanks mussten ebenfalls ausgebaut werden. Bis auf rund 12 Meter Tiefe wurde die Erde ausgehoben und entsorgt, weil ein grosser Teil davon belastet ist.

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Neu­es kann ent­ste­hen

Nachdem die 1939 für die einstigen Produktionsgebäude gelegten Fundamente bis zum letzten Stein abgetragen waren, wurden zunächst Energie-Leitungs-Tunnel, kurz ELT, für das neue Gebäude gebaut. Zahlreiche Rohre wurden in diesen Tunnels verlegt, in denen Medien wie Dampf, Wasser, Kältesole, Gas, Druckluft, Gebrauchswarmwasser, Stickstoff oder Steuerdruckluft transportiert werden. Auch die elektrischen Leitungen werden in diesen ELT geführt, die sich im Untergrund durch den gesamten Campus schlängeln und die einzelnen Gebäude miteinander verbinden. Danach wurde noch tiefer gegraben, damit das geplante Labor- und Bürogebäude Imhotep 5 künftig zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie für Strom und Wärme versorgt wird. Dabei wurden für den Geospeicher des Neubaus rund 30 Erdsonden 200 Meter tief gebohrt. Das Prinzip des Geospeichers lautet: Im Sommer kühlt zirkulierendes Wasser das Gebäude. Das warme Wasser wird in die Tiefe gepumpt, wo es Wärme abgibt und sich dadurch abkühlt. Im Winter funktioniert der Geospeicher wie ein riesiges Kirschkernkissen, das die Sommerwärme gespeichert hat. Das vom Gestein erwärmte Wasser heizt dann das Gebäude.

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Fundament des neuen FHNW-Campus, das teilweise aus dem Abbruchmaterial des Gebäudes 316 besteht.

Eine nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung

Genauso wie beim Geospeicher für die neuen Gebäude strebt Novartis auch beim Abbaumaterial der alten Lokale nach umweltfreundlichen, nachhaltigen Lösungen. Dabei kommt dem Unternehmen entgegen, dass die Recyclingtechnologie in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht hat. Zudem findet die ressourcenschonende Wiederverwendung von Altbaumaterialien eine immer breitere Unterstützung, auch bei den Behörden, die diesen Bemühungen gegenüber positiv eingestellt sind.

Unterdessen hat denn auch der Abbruchbeton der WSJ-Gebäude 316, 318 und 319 bereits eine neue Verwendung gefunden, wie Julien Herzog, Betriebsleiter der Recyclingabteilung bei der Firma Meyer-Spinnler, berichtet.

«Wir sind froh, dass wir den rezyklierten Beton aus dem Werk St. Johann bei Projekten wie dem Neubau des Basler Kunstmuseums oder dem Campus der Fachhochschule Nordwestschweiz in Muttenz verwenden konnten. Dort schreibt der Kanton sogar ausdrücklich den Einsatz von Abbruchbeton vor», erklärt er.

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