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Die Skizze von Thorbjörn Andersson zeigt den südlichen Teil des Parks, der 2012 als «Physic Garden» eröffnet wurde.

Dieser Artikel wurde ursprünglich im April 2014 publiziert.
Published on 22/06/2020

Schon der Name der Parkanlage, Physic Garden, weist auf ihre besondere Bedeutung hin. «Physic» steht dabei für die Wissenschaft des Heilens, und «Garden» bezieht sich auf die historischen Ursprünge der pharmazeutischen Forschung. Rund 80 verschiedene Heilpflanzen der traditionellen Medizin aus den Regionen Mittlerer und Ferner Osten, Europa sowie Nord- und Lateinamerika veranschaulichen auf dem Novartis Campus in Basel die Wege des medizinischen Wissens. Auch für den Landschaftsarchitekten Thorbjörn Andersson, der das Konzept geschaffen und umgesetzt hat, ist der Physic Garden nicht einfach irgendein Garten. «Dieser Medizinalgarten ist das Herz und die Seele von Novartis», stellt der 60-jährige Schwede fest, der international für die Gestaltung öffentlicher Plätze und Parks bekannt ist. Für die Umsetzung arbeitete Andersson sehr eng mit Frank Petersen, dem Leiter der Naturstoffgruppe bei Novartis, zusammen. Und Petersen ist überzeugt: «Thorbjörn Andersson schuf einen Garten, dessen Formensprache die Medizinalpflanze als Lebewesen, als Medizin und Teil unserer Geschichte, Gegenwart und Zukunft hervorhebt.» Seit Sommer 2012 ist die Anlage nun für die Mitarbeitenden und die Besucher des Campus zugänglich.

Herr Andersson, Sie haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Parks und öffentliche Plätze, beispielsweise in Stockholm, gestaltet. Diese Projekte weisen alle einen sehr unterschiedlichen Stil auf. Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Projekte?

Thorbjörn Andersson: Ich versuche immer, so viel wie möglich auf den Standort zu «hören», der ja immer einen eigenen, spezifischen Charakter hat. Dann spielt natürlich auch der Kontext eine grosse Rolle, in dem die Anlage steht. Als weitere Inspiration dient mir die Aufgabe, die der Park oder der Platz später wahrnehmen soll. Und last, but not least ist da ja auch noch ein Kunde, dessen Vorstellungen und Wünsche es zu beachten gilt.

Und welche Einflüsse spielten beim Gestaltungskonzept des Physic Garden im Novartis Campus die grösste Rolle?

Dieser Medizinalgarten ist das Herz und die Seele von Novartis. Da alle historischen Medikamente aus der Natur stammen, nahmen wir für das Gesamtkonzept Bezug auf die Geschichte: die mittelalterlichen Klostergärten der Mönche und die Haine der keltischen Druiden, die vor 2000 Jahren Teil einer bedeutenden spätkeltischen Siedlung auf dem Gelände des heutigen Campus waren.

Wir suchten nach einem Design, bei dem die eine Hälfte sofort realisiert werden kann und die andere erst einige Jahre später, was eine Vorgabe des Masterplans war. So wählten wir diese zwei Motive – den Garten und den Hain –, die sowohl getrennt voneinander als auch zusammen funktionieren.

Unterscheidet sich dieses Projekt stark von Ihren anderen Arbeiten?

Als Landschaftsarchitekt gestalte ich meist öffentliche Plätze und Parks, die eine grössere Ausdehnung haben. Hier auf dem Campus versuchten wir gleichzeitig eine intime, aber auch kontrastreiche Dimension zu erzeugen. Das spüren Sie, wenn Sie den Garten durch die engen Räume zwischen den Buchenhecken betreten und sich plötzlich der Garten vor Ihnen öffnet.

Die Grundidee war es, die Heilpflanzen zu würdigen und zu feiern. Dafür haben wir das zentrale Pflanzenbeet um 60 cm abgesenkt. Das lässt die Pflanzen wertvoller erscheinen, fast unerreichbar. Auf zwei schmalen Brücken kann man dann über das Beet laufen und sie von oben betrachten, wie sie als Teppich oder als Gemälde daliegen.

Gab es daneben noch andere Einflüsse und Umstände, die Ihnen bei der Arbeit in Basel besonders aufgefallen sind?

Dieses Projekt war auch deshalb aussergewöhnlich, weil ich wusste, dass Novartis nur die weltweit besten Architekten für die Campus-Gebäude beauftragt hat. Nie zuvor in der Geschichte gab es eine solche Konzentration an gestalterischer Kompetenz auf einem so begrenzten Raum. Dazu kam das sehr direkte und persönliche Engagement der Geschäftsleitung. Alles wurde sehr genau überprüft, und manchmal konnten wir unsere Vorschläge sogar als Modelle im 1:1-Massstab präsentieren. In diesem Kontext arbeiten zu dürfen, war ein inspirierendes Erlebnis.

Manche unserer ursprünglichen Ideen mussten wir im Planungsprozess wieder aufgeben, weil wir natürlich ein Budget einzuhalten hatten. Albert Buchmüller, Real Estate Manager bei Novartis, unterstützte uns sehr bei der Einhaltung der Zeit- und Budgetlimiten für dieses Projekt. Seine Erfahrung bei verschiedenen Bauprojekten und sein Netzwerk an lokalen Fachleuten trugen wesentlich zur erfolgreichen Realisierung des Physic Garden bei.

Am Rand des grossen Pflanzenbeets stehen auch einige sorgfältig angeordnete und beschriftete Holzstapel. Welche Aufgabe haben sie im Gesamtkonzept des Gartens?

Diese so genannten Bücherregale haben eine spezielle Geschichte. Aufgrund des begrenzten Raums, der uns für den Physic Garden zur Verfügung stand, konnten wir nur wenige Bäume pflanzen. Deshalb nahmen wir die Stämme von Baumarten mit medizinisch wirksamen Substanzen, wie etwa Eibe und Birke, und legten sie systematisch in diese Holzstapel oder eben Bücherregale – wie in einer Bibliothek für Heilpflanzen.

Im Physic Garden sind rund 80 Heilpflanzen zu sehen. Wie wählten Sie diese Pflanzen aus?

Die Auswahl trafen wir als Team: Frank Petersen und Kathrin Buntin von der Novartis Naturstoffabteilung, Beat Rösch von einem Basler Gartenbau-Generalplanungsbüro als lokaler Partner, der auch die Pflege des Gartens organisiert, und ich.

Da wir nach Pflanzen mit einem hohen Wuchs, einer langen Blütezeit und einer im Kontext des Gartens idealen Farbe suchten, gestaltete sich der Auswahlprozess recht anspruchsvoll.

Einige Heilpflanzen waren einfach zu klein und optisch nicht reizvoll, andere konnten im regionalen Klima nicht gedeihen, und wieder andere, wie etwa den Schlafmohn, durften wir aufgrund der schweizerischen Gesetzgebung nicht anpflanzen. Am Ende blieben die rund 80 Heilpflanzen übrig, die Sie heute sehen können. Alle haben ihre Bedeutung in der Medizingeschichte, teilweise auch für Novartis, und bilden im Verbund eine grossartige Harmonie.

Der Physic Garden wurde im Sommer 2012 eröffnet. Wie stellen Sie sich die «ideale» Nutzung der Anlage durch die Mitarbeitenden und die Besucher vor?

Natürlich soll der Garten in erster Linie Erholung für seine Besucher bieten, daher auch die Stühle und die Trinkbrunnen. Zusätzlich soll er auch Wissen über die Heilpflanzen und die Medizin- und Unternehmensgeschichte vermitteln und inspirierend wirken.

Was ich mir aber besonders wünsche, ist, dass er zu einem lebendigen Ort der Begegnung wird, der beispielsweise für Apéros, Zeremonien und Meetings genutzt wird!

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