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Wissenschaft
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Hightech und Sinn für Präzision

Fabian de Wachter transportierte zwischen 2015 und 2019 kontaminiertes Erdreich von STEIH in die Niederlande. Sein Hang für Hightech und sein tief verwurzelter Sinn für Präzision halfen dem Sanierungsteam, seine Ziele rechtzeitig zu erreichen.

Text von Goran Mijuk, Fotos von Gregory Collavini

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Koppelverband beim Anlegen am Sanierungsplatz.

Publiziert am 01/07/2021

Fabian de Wachter kennt den Rhein in- und auswendig. Der 38-jährige Kapitän befährt seit seiner frühen Kindheit die grösste Wasserstrasse Europas und navigiert heute eines der wuchtigsten Transportschiffe auf dem Strom, der sich mehr als 1000 Kilometer über den Kontinent erstreckt.

«Ich repräsentiere die vierte Generation meiner Familie in der Schifffahrtsindustrie», sagt de Wachter, als wir ihn für unser Interview auf der imposanten Hightech-Kommandobrücke seines neuen Schiffs treffen, der MS Vera Pax. «Schon als ich als Kind mit meinem Vater mitreiste, war ich von Schiffen und Logistik fasziniert. Diese Leidenschaft hat mich nie verlassen.»

Trotz seines starken Traditionsbewusstseins hat Fabian de Wachter seine Augen klar auf die Zukunft der Schifffahrt gerichtet. Die Brücke der MS Vera Pax gleicht eher dem Kommandozentrum eines futuristischen Raumschiffs als dem eines sich träge bewegenden Transporters auf dem Rhein. De Wachter sitzt umgeben von mehreren Bildschirmen in einem komfortablen Stuhl wie Captain Kirk im Raumschiff Enterprise und navigiert sein Schiff, als wäre es ein Gummiboot und nicht ein 185 Meter langes Stahlmonster.

«Heute werden viele manuelle Navigationsverfahren digitalisiert», erklärt de Wachter. «Trotz all dieser Technologie ist die Erfahrung eines Kapitäns nötig, um den Rhein sicher zu befahren. Insbesondere wenn man durch schmale Wasserschleusen navigieren oder gefährliche Güter transportieren muss.»

Das gesamte Schiff, das aus zwei separaten Transportbehältern besteht, ist mit den neusten Navigationsgeräten ausgestattet. Einige davon hat de Wachter selbst mit einem Fachunternehmen entwickelt. Eine der innovativsten Neuerungen ist eine Bluetooth-Funkverbindung, die es ihm erlaubt, die zwei separaten Transportbehälter neben- oder hintereinander zu positionieren. Dank dieser Technologie ist die Transportkapazität der MS Vera Pax gewaltig. Die zwei Behälter können in einer Tour rund 6000 Tonnen Material befördern.

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Eine von 13 Schleusen (Kembs, Frankreich) auf dem Weg des Abraumtransports bis Holland.

Die Transportkapazität war einer der Hauptgründe, weshalb Novartis und das Sanierungsteam von Marti, Züblin und ERM sich zur Zusammenarbeit mit de Wachter entschieden. Sie suchten eine Reederei, die effizient und sicher leicht kontaminierte Erde vom STEIH-Gelände in die Niederlande transportieren konnte, wo sie für die Wiederverwertung aufbereitet wurde.

Während der Geländesanierungsarbeiten waren rund 700 000 Tonnen Erde zu verschiffen. Wäre das Material auf der Strasse transportiert worden, hätte es rund 18 000 Lastwagenfahrten von der Schweizer Grenze in die Niederlande gebraucht.

Als die Zusammenarbeit 2015 startete, beförderte de Wachter die Last mit einem kleineren Schiff. Aber er war bereit, seine Kapazität 2017 zu erhöhen, als die Sanierungsteams mehr Material transportieren wollten. «Ich war zu der Zeit bereits daran, die MS Vera Pax zu konstruieren, und entschied, das Schiff an den Transport von Gefahrengut anzupassen.»

De Wachter wurde nicht nur wegen der Transportkapazität, sondern auch aufgrund seiner Navigationsfähigkeiten und seines Präzisionssinns ausgewählt. «Entscheidend war das Laden der kontaminierten Erde auf das Schiff, ohne zu riskieren, dass Material in die Luft entweicht. Dies erfordert die alles andere als selbstverständliche Fähigkeit, das Schiff genau unter das Laderohr zu manövrieren», sagt de Wachter.

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Koppelverband in der Schleuse.

Das Schiff musste jeweils in einem Radius von nur 15 Zentimetern unterhalb des Laderohrs positioniert werden, um das kontaminierte Material von den Zelten sicher in den Schiffsrumpf zu laden. «Das ist nicht trivial. Viele Unternehmen waren wegen des Zeitaufwands und der damit verbundenen Risiken nicht bereit, so etwas auf sich zu nehmen. Normalerweise konnten wir das Manöver innerhalb von ein paar Minuten ausführen, ohne einen Zwischenfall», erzählt de Wachter stolz.

Etwas konnte der erfahrene Kapitän aber trotz seines hohen Qualitätsbewusstseins nicht kontrollieren: den Wasserstand des Rheins. «Dies setzte uns wirklich stark unter Druck, speziell 2018, als der Wasserstand zu niedrig war und wir fast fünf Monate lang keine Güter verschiffen konnten. Als im Dezember der Regen einsetzte, nahmen wir den Transport umgehend auf und waren bis zum Ende der Sanierung voll beschäftigt.»

Auf die Frage, weshalb er bereit war, in diesem speziellen Projekt mitzuwirken, antwortet de Wachter, er sei stets auf der Suche nach professionellen Herausforderungen. Trotz der vorhandenen Risiken habe ihm der Mut nicht gefehlt, etwas Einzigartiges zu unternehmen, um Novartis und dem Sanierungsteam beim Erreichen ihrer Ziele zu helfen. «Es gibt immer ein Risiko beim Transport von Gefahrengut», gibt de Wachter zu bedenken. «Aber ich war überzeugt, dass sich der Auftrag mit einem Mix aus Hightech und menschlicher Präzision rechtzeitig und zur Zufriedenheit des Kunden würde ausführen lassen. Ich bin froh, dass ich Teil dieses Projekts war und zeigen konnte, was in der modernen Schifffahrt möglich ist.»

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