Novartis Plakat an einer Strasse in Ghana.
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Hilfe vor Ort 

Sandoz und Novartis spannen in Ghana zusammen, um eine der ältesten Erbkrankheiten in Afrika zu bekämpfen.

Text von Goran Mijuk

Fotos von Laurids Jensen und Mawuli Afatsiawo

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«Ich wusste, dass ich Trägerin der Sichelzellenanämie bin.”

«Ich wusste, dass ich Trägerin der Sichelzellenanämie bin.”

Gifty Cobby Amporful

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Publiziert am 08/06/2020

Im Jahr 2011 stand Gifty Cobby Amporful, Patient Safety Manager bei Novartis in Ghana, vor einer der schwierigsten Entscheidungen ihres Lebens: Sollte sie ihren langjährigen Freund heiraten und mit ihm eine Familie gründen? Für ihre Kinder bestünde das Risiko, dass sie an der Sichelzellenanämie erkrankten, einer schmerzhaften, erblichen Blutkrankheit. Die Alternative war, die Beziehung zu beenden und ihr Leben neu auszurichten.

«Ich wusste, dass ich Trägerin der Sichelzellenanämie bin. Das Risiko war zudem hoch, dass auch mein Freund Träger ist. Unsere Kinder würden folglich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit an dieser lebensbedrohlichen Erkrankung leiden», erinnert sich Cobby Amporful an die schwierige Entscheidung, vor der sie vor über neun Jahren stand. «Ich bat meinen Freund, einen Gentest durchführen zu lassen. Als er erfuhr, dass er das Krankheitsgen in sich trug, erlitt ich eine Art Depression.»

Über ein Jahr lang rang Cobby Amporful um eine Entscheidung. Obwohl die Sichelzellenanämie auf dem afrikanischen Kontinent weit verbreitet ist, gab es damals kaum wirksame Behandlungsmöglichkeiten gegen die Erbkrankheit. Allein in Ghana sterben jedes Jahr Tausende Kinder an der Krankheit. Diejenigen, die überleben, werden von der Gesellschaft ausgegrenzt. 

«Die Situation betraf nicht nur mein Privatleben, sie beeinträchtigte auch meinen Arbeitsalltag», erinnert sich Cobby Amporful. «Nach einem Jahr beschloss ich, die Beziehung zu beenden. Eine andere Entscheidung hätte ich wegen der schlechten Gesundheitsprognose nicht rechtfertigen können. Ich wusste, dass es für unsere Kinder keinerlei Hoffnung gegeben hätte.»

Während der schwierigsten Monate erhielt sie moralische Unterstützung von ihrem Kollegen Roland Hammond-Addo von Sandoz, dessen Familie und Freundeskreis ebenfalls von der Krankheit betroffen waren. «Die Erkrankung tritt so häufig auf, dass man kaum jemanden findet, der nicht in der einen oder anderen Form davon betroffen ist», so Hammond-Addo. Er bereitete damals den offiziellen Start des Africa Sickle Cell Disease Program von Novartis vor, das am 6. November 2019 in Accra lanciert wurde. «Damals gab es weder in Ghana noch anderswo in Afrika nennenswerte Behandlungsmöglichkeiten. Ich konnte mich daher sehr gut in Giftys Lage versetzen und ihr Unterstützung leisten.»

Hammond-Addo war jedoch entschlossen, die Situation vor Ort zu ändern. Er konnte es nicht hinnehmen, dass Kinder sterben oder von wiederholten Schlaganfällen gezeichnet sind, einer häufigen Folge dieser Erbkrankheit, bei der sich die roten Blutkörperchen zu sichelförmigen Gebilden verformen, verklumpen und dadurch Blutgefässe verstopfen. 

Während seines Studiums an der Novartis Africa University schrieb Hammond-Addo eine Arbeit, die sich den Herausforderungen der Gesundheitsfürsorge im Zusammenhang mit der Sichelzellenanämie widmete. «Diese Krankheit kommt auch in meiner Familie und meinem Freundeskreis vor. Ich wollte das Schicksal der Erkrankten zum Guten wenden.»

Im Rahmen seines Studiums erarbeitete Hammond-Addo gemeinsam mit Fionnuala Doyle aus dem Onkologie-Bereich Richtlinien für die Behandlung der Sichelzellenanämie in Ghana. Damals lernte er auch Dr. Kwaku Ohene-Frempong kennen, einen der weltweit führenden Spezialisten für die Sichelzellenanämie. Er ist Mitbegründer der Sickle Cell Foundation of Ghana, die sich mit den durch die Krankheit entstehenden Herausforderungen in der öffentlichen Gesundheitsfürsorge beschäftigt, da jedes Jahr allein in Ghana 15000 Neugeborene von der Erkrankung betroffen sind. «Dies war das erste Projekt, bei dem ich dazu beitragen konnte, das Schicksal der Menschen vor Ort zu verbessern», so Hammond-Addo. «Als ich hörte, dass Novartis ein Programm zur Bekämpfung der Sichelzellenanämie in Ghana plant, bewarb ich mich sofort um die Teilnahme an dem Projekt.»

Heute ist Roland Hammond-Addo Head of Access beim Novartis Africa Sickle Cell Disease Program. Gemeinsam mit seinen Kollegen wie etwa Philip Tagboto, Country Head bei Sandoz, setzt er das Programm um, das die Situation Hunderttausender Erkrankter in Afrika verbessern soll.

Die bisherige Situation ist in allen Bereichen katastrophal. Bis vor Kurzem hatten die meisten Patientinnen und Patienten keinen Zugang zu Medikamenten oder Gesundheitseinrichtungen, die eine wirksame Behandlung bieten. Was die Lage noch schlimmer macht: Die Krankheit wird im Volksglauben auf Hexerei zurückgeführt. Deshalb werden die Patienten ausgegrenzt und können praktisch kein normales Leben führen.

Teamkollege Kwasi Darfoor weiss dies aus eigener Erfahrung. Sein Bruder litt an Sichelzellenanämie und verstarb im Alter von 32 Jahren. «Ich bin stolz, dass unser Unternehmen etwas gegen diese schreckliche Krankheit tut. Doch fast noch schlimmer als die eigentliche Erkrankung ist die Ausgrenzung», so Darfoor. «Fast sein ganzes Leben lang konnte mein Bruder ausserhalb der Familie keinerlei soziale Kontakte pflegen. Ich hoffe, dass wir mit dem Programm auch diesen Missstand beseitigen können. Davon würden dann weitere Patienten profitieren, die an der Krankheit leiden.»

Der Weg zu diesem Ziel ist noch weit und steinig. Doch das Team ist bereit, die vielen Hürden zu überwinden. «Für uns ist dieses Programm eine herausragende Chance, ein gewaltiges Gesundheitsproblem anzugehen, das für Millionen Familien in ganz Afrika eine tragische Belastung darstellt. Wenn es uns gelänge, notleidenden Patientinnen und Patienten zu helfen und die medizinische Praxis zu verändern, wäre das ein riesiger Erfolg», so Roland Hammond-Addo.

Nach dem offiziellen Start des Programms in der ghanaischen Hauptstadt ist das Team weiterhin damit befasst, die fünf Eckpunkte des Programms umzusetzen. Diese umfassen unter anderem die Verbesserung des Zugangs zu Medikamenten, die Stärkung der Pipeline für neue Behandlungsmöglichkeiten und die Verbesserung der Infrastruktur in der Gesundheitsfürsorge in Ghana und in weiteren Ländern. 

Tay Salimullah, seit April 2018 Leiter des Programms, ist zuversichtlich, dass das Team seine Ziele erreichen wird. «Inspiriert von der selbstlosen Arbeit von Philip Tag-boto und Roland Addo-Hammond, denen es gelang, eine effiziente Zusammenarbeit von Sandoz und Novartis auf den Weg zu bringen, bin ich davon überzeugt, dass sie die Sichelzellenanämie offensiv bekämpfen und die bestmöglichen Lösungen für ihre Landsleute finden werden.»

Das Team ermöglicht den Zugang zu Hydroxyurea, einem in Ghana bislang kaum erhältlichen wirksamen Mittel, und konzipiert eine klinische Studie für ein innovatives Biotherapeutikum. Darüber hinaus arbeiten die Mitglieder auch an der Weiterbildung des Gesundheitspersonals und einem verbesserten Zugang zu Diagnostika, sowohl für Gentests als auch für Neugeborenen-Screenings. 

«Glücklicherweise hatte ich die Chance, einen Gentest durchführen zu lassen und zu erfahren, dass ich Trägerin der Sichelzellenanämie bin», so Gifty Cobby Amporful, die heute verheiratet und Mutter dreier gesunder Kinder ist. «Ich hoffe, dass eines Tages jeder diese Chance erhält und Patienten nicht nur behandelt, sondern auch geheilt werden können. Es ist noch ein langer Weg bis zu diesem Ziel. Doch was könnte wichtiger sein, als anderen Menschen in Not zu helfen?»

«Für uns ist dieses Programm eine herausragende Chance, ein gewaltiges Gesundheitsproblem anzugehen, das für Millionen Familien in ganz Afrika eine tragische Belastung darstellt. Wenn es uns gelänge, notleidenden Patientinnen und Patienten zu helfen und die medizinische Praxis zu verändern, wäre das ein riesiger Erfolg.»

Roland Hammond-Ado

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