Publiziert am 01/06/2020
Es war wieder ein harter Tag für das frisch formierte Team der Zell- und Genproduktion in Stein. Schuld daran war nicht der für Mitte März 2019 ungewohnte Wettereinbruch. Acht lange Stunden hatten sie trainiert – so wie jeden Tag seit Wochen und Monaten, um die unzähligen Arbeitsschritte und Handgriffe einzuschleifen, die sie bei der neuen Arbeit schon bald fehlerfrei beherrschen müssen.
Die Übungseinheiten wurden entweder in Zweierteams durchgeführt, in denen ein Kollege jeden Handgriff des anderen überwacht, oder unter Aufsicht eines Coachs. Alle Teammitglieder der Zell- und Genproduktion waren mit voller Konzentration dabei, und jedem war bewusst, was auf dem Spiel stand.
In den nächsten Monaten, das war allen klar, würden die Trockenübungen enden. Dann würde die erste Patientencharge aus einer Klinik in der rund 30 Kilometer vor Basel liegenden neuen Zell- und Genproduktionsanlage eintreffen. Die Aufgabe des Teams würde es sein, die T-Zellen dieser Charge genetisch so zu verändern, dass sie zurück im Körper des Patienten den Krebs bekämpfen. Kein Platz also für Fehler oder zum Grübeln.
Björn Giner kannte diese Anspannung schon. Und er wusste, dass sie nochmals steigt, wenn die erste Patientenprobe kommt. Er hat die letzten Jahre in Morris Plains gearbeitet, wo die erste industrielle Zell- und Genproduktionsanlage von Novartis errichtet wurde. Er erinnerte sich noch lebhaft an seine Zeit im Pionierteam, das erstmals chimäre Antigenrezeptoren auf T-Zellen exprimierte und damit die erste CAR-T-Therapie bei Novartis durchführte.
«Ich hatte vorher in der Medikamentenforschung gearbeitet, wo man weit vom Patienten entfernt ist. Das war in der Zell- und Genproduktion in den USA komplett anders», berichtet Björn Giner, als ich ihn zusammen mit Kollegen nach einem intensiven Arbeitstag in Stein zu einem kurzen Gespräch traf. «Als die erste Charge kam, war ich nervös, aber es war auch sehr spannend. Ich hatte mich noch nie in meiner wissenschaftlichen Laufbahn einem einzelnen Patienten so nah gefühlt. Jeder Handgriff hatte direkten Einfluss auf das Leben dieses Menschen. Das war ein völlig neues Arbeitsgefühl.»
Seit dieser ersten Charge hat Björn Giner Hunderte von CAR-T-Therapien bearbeitet. Nun hat er in Stein aufgrund seiner langen Erfahrung die Aufgabe, seine neuen Kollegen als Coach in die technischen Aspekte des komplexen Produktionsprozesses einzuführen. Sehr sorgfältig erklärte er jeden einzelnen Schritt der langen Prozedur, die ein 1000-seitiges Handbuch füllt.