Klinische Studien werden branchenweit in der Regel durch die Konsolidierung Hunderter, wenn nicht Tausender Dokumente durchgeführt. Mit der digitalen Plattform Nerve Live hingegen wird all das jeden Abend in der Kommandozentrale SENSE zusammengeführt und per Mausklick intuitiv angezeigt.
Text von K.E.D. Coan, Fotos von Adriano A. Biondo
Global Head Stephen Voice bei der Eröffnung des SENSE-Centers auf dem Campus in Basel.
Publiziert am 01/07/2020
Novartis führt Jahr für Jahr weltweit rund 500 klinische Studien durch. Beteiligt sind globale und lokale Organisationen, klinische Ressourcen, lokale Mitarbeitende, Ärzte und natürlich die Studienteilnehmenden. Angesichts einer solchen Vielzahl von Variablen ist es kein einfaches Unterfangen, über alle Aktivitäten im Rahmen der Studie einen ganzheitlichen Überblick zu erhalten, geschweige denn, die Risiken proaktiv zu managen, bevor sie sich zu echten Problemen entwickeln.
«Früher mussten wir Berge von Spreadsheets mühsam auswerten, um das Land, die Region und den globalen Status einer klinischen Studie in Erfahrung zu bringen. Erschwerend kam hinzu, dass alle Daten zu verschiedenen Zeitpunkten erfasst wurden, aus verschiedenen Systemen stammten und verschiedene Hypothesen und Regeln zu berücksichtigen waren», macht Stephen Voice, Global Head of SENSE & Bridge CoE in Basel, deutlich. «Die Diskussionen gingen häufig am Thema vorbei, und die echten Probleme realisierten die Teams erst, wenn sie unmittelbar mit ihnen konfrontiert waren und es zu spät war.»
Schwierigkeiten können während der gesamten Laufzeit einer klinischen Studie auftreten. Doch angesichts der aufgetürmten Spreadsheets kam es einer Sisyphusarbeit gleich, einen klaren und umfassenden Überblick über den Fortgang einer bestimmten Studie zu erhalten. Ein bekanntes Problem klinischer Teams besteht beispielsweise darin, dass neu eingerichtete Studienzentren bisweilen Schwierigkeiten haben, potenzielle Teilnehmende zu identifizieren und zu rekrutieren. Das führt schon ganz am Anfang zu Verzögerungen.
Genau diese Ausgangslage war im Dezember 2018 gegeben, als die Kommandozentrale SENSE aufzeigte, dass fast 30 Prozent aller neuen Zentren für eine Studie in China noch keinen einzigen Patienten untersucht hatten, obwohl sie bereits seit über 30 Tagen geöffnet waren. SENSE macht alle Daten klinischer Abläufe transparent und stellt sie den klinischen Teams direkt zur Verfügung. Ausserdem erstellt es datengestützte Prognosen, damit die Teams Risikochancen mindern können. Dank der von SENSE gelieferten Daten konnte der Studienleiter in China ermitteln, welche Zentren Unterstützung und erneute Motivation benötigten. So liess sich der Anteil nicht untersuchender Zentren in nur sechs Monaten auf 12 Prozent senken.
«Bevor wir diese transparenten Daten und SENSE hatten, konnte es sechs Monate dauern, bis wir vom Problem überhaupt Kenntnis erlangten. Oder aber wir hätten solche Ergebnisse erst gar nicht erreicht», führt Voice aus. «Heutzutage haben wir diese Information direkt griffbereit, kommen dank SENSE mit unseren Studien schneller voran als geplant und schliessen sie früher ab.»
Wie alles begann
SENSE wurde 2017 ursprünglich als das Study Operations Center – gewissermassen als Flughafenkontrollturm – konzipiert. Die Grundidee bestand darin, dass dieses Zentrum den Leitern klinischer Studien einen ganzheitlichen Überblick verschaffen würde, wobei SENSE datengestützte Erkenntnisse und Prognosen zu potenziellen Risiken bei der Durchführung der Studie liefert.
Das Projekt war damals so komplex, dass es das Team scherzhaft mit Tony Starks künstlicher Intelligenz JARVIS aus der Iron-Man-Filmreihe verglich. Was zunächst als Witz begann, gefiel dem Team und diente schliesslich als Vorlage für einige grafische Designkomponenten in SENSE (die Studienübersicht sieht dem Arc-Reaktor, der Tonys Rüstungen mit Energie versorgt, täuschend ähnlich).
«Dieses Mantra ist seit Tag eins das Leitmotiv des Teams», erklärt Voice. «SENSE muss etwas sein, das grossartiger und weitreichender ist als alles, was zuvor versucht wurde. Genau das ist uns gelungen.»
Das Konzept hat seit seinen Anfängen zum Aufbau des physischen Steuerzentrums «The Bridge» und der Entwicklung der SENSE-Anwendung geführt, die klinischen Teams ermöglicht, sich auf Notebooks, Smartphones oder Tablets eine Gesamtübersicht über die Studie anzeigen zu lassen. Schon wenige Mausklicks reichen, damit Studienleiter von globalen Übersichten zu den detaillierten Abläufen eines einzigen Zentrums wechseln können, einschliesslich aller sonstigen relevanten Daten.
«SENSE kann uns für jede einzelne Studie den Zwischenstand bereitstellen», so Voice weiter. «Darüber hinaus beginnt es gerade, auf intelligente Weise zu ermitteln, wo Aktivitäten in der falschen chronologischen Reihenfolge stattfinden und wo Daten fehlen.»
Die Zukunft naht: Innenansicht des Kontrollraums.
Die Entwicklung und Lancierung von SENSE resultierte in einer wichtigen Erkenntnis: All diese Anwendungen und Technologien, d. h. maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz, können immer nur so gut sein wie die Daten, die sie verarbeiten. «Wenn der Originalbericht fehlerhaft ist, sind auch die eingegebenen Daten falsch», stellt Voice klar. «Und natürlich gilt, dass die Prognosen mit zunehmender Datenqualität besser werden.»
Eine Mammutaufgabe im Rahmen von SENSE und der grösseren Datenanalyseplattform Nerve Live, der SENSE untergeordnet ist, bestand in der Standardisierung der Daten, um eine einheitliche Auswertung über die gesamte Datenlandschaft hinweg zu gewährleisten. Dafür mussten jahrzehntealte Daten der verschiedensten Plattformen samt ihren Formaten und Bezeichnern neu verarbeitet werden.
«Dass wir im Wettbewerb die Nase vorne haben, ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass sich unseres Wissens niemand sonst die Mühe gemacht hat, alte operative Daten auszuwerten», macht Voice deutlich. «Die ungeheuren Möglichkeiten, die Nerve Live in den letzten vier Jahren hervorgebracht hat, sind einzig und allein den Mühen geschuldet, die Daten zu Analysezwecken aufzubereiten. Das ist die Grundlage für das, was wir erreichen wollen.»
Transparenz machts möglich
Seit ihrer Einführung im Dezember 2018 hat SENSE dazu beigetragen, die Qualität der klinischen Daten zu verbessern. Gleichzeitig sank die Zahl von Diskrepanzen von rund 30 000 im Dezember auf nur noch 8000 im Juni 2019.
«Solche Informationen waren in den letzten 20 Jahren immer unsichtbar», bemerkt Voice. «Da wir diese potenziellen Probleme nun ganz klar ausmachen, versuchen alle Beteiligten, proaktiv gegenzusteuern.»
Durch das Aufspüren von Inkonsistenzen hilft SENSE Studienleitern, sich auf die dringlichsten Sachverhalte zu konzentrieren. Dies stellt eine erstklassige Datenqualität sicher, damit die auf maschinellem Lernen basierenden Algorithmen auf der Nerve-Live-Plattform und bei SENSE akkurater werden.
«Sobald wir erkennen, dass unsere Prognosen von den Plänen abweichen, greifen wir ein», ergänzt Voice. «SENSE ermöglicht den Teams, per Mausklick aus den Daten lediglich die mit Risikosignalen behafteten Aspekte und das Wesentliche herauszulesen. Im Anschluss sind wir dann in der Lage, die Organisation hierauf zu fokussieren.»
Täglich bessere Erkenntnisse
«Ich denke, dass alle Mitarbeitenden weltweit, die an klinischen Studien arbeiten, von SENSE profitieren können», führt Voice aus. Die Entwicklung von SENSE ist noch nicht abgeschlossen. Das Entwicklungsteam ermutigt die über 2500 Nutzer aktiv, ihre Erfahrungen und Wünsche für die nächsten Versionen der Anwendung mitzuteilen. Die künftigen Ziele für die Anwendung muten unglaublich kühn an. So sollen zusätzliche Datenquellen, Prozesse und maschinelles Lernen optimal genutzt werden, um die Grenzen dessen, was die Teams bislang für machbar hielten, weiter zu verschieben. Und das alles nur für ein Ziel: Medikamente den Patienten schneller zur Verfügung zu stellen.
Schon jetzt zeigt sich der Nutzen von SENSE in Form von Verbesserungen bei bei der Transparenz, Datenqualität, Planung und den Abläufen der klinischen Studien von Novartis.
«Die Erkenntnisse zu Risikosignalen und Datenqualität verbessern sich bereits erheblich. Demgemäss wirkt sich SENSE eindeutig positiv aus», so Voice abschliessend.
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