Fliegen können darauf trainiert werden, in einem Trainingsgerät, dem T-Labyrinth, einen Geruch mit der Auslösung eines Elektroschocks zu assoziieren. Sie vermögen die daraus resultierenden Geruchserinnerungen mehrere Tage lang zu speichern und abzurufen.
Publiziert am 29/03/2022
Was ist das Gedächtnis?
Auf diese grundlegende Frage gibt es noch keine klare Antwort. Das Forschungsteam des Friedrich Miescher Institute in Basel hat jedoch entscheidend dazu beigetragen, unser Wissen über die Funktionsweise des Gehirns – und insbesondere des Gedächtnisses – zu erweitern. Sein grösster Beitrag, der dem Team weltweite Anerkennung einbrachte, war der bahnbrechende Ansatz, das Gehirn in Bezug auf neuronale Schaltkreise zu untersuchen.
«Eine der grössten Herausforderungen in den Neurowissenschaften – und für die neurologische und psychiatrische Therapie – besteht darin, dass wir immer noch über kein vollständiges mechanistisches Verständnis der neuronalen Schaltkreise des menschlichen Gehirns verfügen», sagt Andreas Lüthi, Senior Group Leader und Spezialist für die Schaltkreise, die für das Lernen und das Gedächtnis verantwortlich sind. «In den vergangenen 20 Jahren hat die Neurowissenschaft enorme Fortschritte dabei gemacht, zu verstehen, wie neuronale Schaltkreise Erinnerungen, die Bewegung und das Verhalten steuern. Im Zentrum dieser Entwicklung stand das FMI.»
Die Milliarden von Neuronen, die das Gehirn ausmachen, haben unterschiedliche Aufgaben; sie interagieren in Zehner-, Tausender- oder noch grösseren Gruppen. Diese Interaktionen bilden die Schaltkreise des Gehirns, die alle unsere Sinne, Handlungen und Erinnerungen verwalten. Die Neurobiologiegruppe des FMI gehörte zu den Ersten, die ihren Schwerpunkt auf diesen anspruchsvollen Forschungsbereich setzten. Sie hat die vergangenen 20 Jahre damit verbracht, die verborgene «Sprache» des Gehirns zu entschlüsseln.
Die Forschung in diesem Feld ist zwar noch weit von klinischen Anwendungen entfernt, aber ihre Ergebnisse bilden die Grundlage für künftige Therapien neurodegenerativer Krankheiten wie Alzheimer und amyotropher Lateralsklerose (ALS) sowie psychiatrischer Störungen, darunter Angstzustände, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen.
Grundlegende Erkenntnisse
Die Grundlagenforschung auf dem Gebiet schwer zu behandelnder Erkrankungen ist genau die Aufgabe des FMI. «Als das Institut 1970 gegründet wurde, bestand sein ursprüngliches Ziel darin, Ciba und Geigy neue Wege zu eröffnen, um Innovationen voranzubringen, also ausgehend von dem in der Grundlagenforschung gewonnenen Wissen marktfähige Produkte zu entwickeln», erläutert Jörg Reinhardt, Präsident des Verwaltungsrats. «Das FMI hat bewiesen, dass es in der Lage ist, die traditionelle Kluft zwischen Industrie und Wissenschaft zu überbrücken.» Das FMI habe allerdings noch viel mehr geleistet: «Das Institut hat erfolgreich neue Formen der wissenschaftlichen Zusammenarbeit aufgebaut und eine einzigartige Ausbildungsplattform geschaffen, die vielversprechenden Wissenschaftlern die Möglichkeit gibt, ihre Kompetenzen in der Grundlagenforschung zu vertiefen und gleichzeitig mehr über die pharmazeutische Industrie zu lernen – was beide Seiten stärkt.»
Von zentraler Bedeutung für das FMI ist die Zusammenarbeit mit den Novartis Institutes for BioMedical Research (NIBR): Seit 1998 wurden über 400 Kooperationsprojekte zwischen Wissenschaftlern des FMI und jenen von Novartis umgesetzt. Zudem ist das FMI auch in der akademischen Landschaft gut etabliert: Das FMI ist ein der Universität Basel angegliedertes Institut, an der die meisten der heutigen Group Leader Professuren innehaben und lehren, aber auch intensiv mit Fakultäten in aller Welt in den Bereichen Neurobiologie, Epigenetik und quantitative Biologie zusammenarbeiten.
Durch die Zusammenarbeit mit paneuropäischen Wissenschaftsinitiativen wie EU-Life und LifeTime hat das FMI ein starkes Wissensnetzwerk geschaffen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des FMI veröffentlichen ihre Ergebnisse regelmässig in den renommiertesten Fachzeitschriften und sind äusserst erfolgreich bei der Einwerbung hart umkämpfter Drittmittel, wie etwa der prestigeträchtigen ERC-Stipendien. All dies trägt dazu bei, einige der talentiertesten Nachwuchswissenschaftler der Welt anwerben zu können.
Die Tatsache, dass das Institut über 80 Postdocs und 80 Doktoranden aus über 40 Ländern beherbergt, zeugt eindrucksvoll von seiner internationalen Attraktivität als Exzellenzzentrum für Spitzenforscher, unter anderem in der Gehirn- und Gedächtnisforschung.