«Obwohl wir bereits zwei Wirkstoffe in der klinischen Testphase haben, wollte ich im Rahmen einer Proof-of-Principle-Studie untersuchen, ob das System von Godinez für die Herstellung eines Leitwirkstoffs nützlich sein und ob uns künstliche Intelligenz im Kampf gegen Malaria künftig unterstützen könnte.» - Armand Guiguemde
Publiziert am 17/03/2022
Armand Guiguemde, Wissenschaftler am Novartis Institute for Tropical Diseases (NITD), ist von Haus aus skeptisch, vor allem wenn es um seine Forschungsarbeit im Bereich Malaria geht, die vor der immerwährenden Herausforderung steht, neue Wirkstoffe zur Bekämpfung der Krankheit zu entwickeln.
Ich lernte Guiguemde Ende 2020 kennen. Wir sprachen dabei zunächst über die Ausformulierung eines seiner Zitate, mit dem er etwas Mühe bekundete, als wir auf künstliche Intelligenz (KI) zu sprechen kamen und er mir von einem Projekt erzählte, an dem er zusammen mit dem Datenwissenschaftler William Godinez von den Novartis Institutes for BioMedical Research (NIBR) arbeitete.
Godinez ist Programmierer und hat seit seinem Eintritt bei Novartis vor fünf Jahren, als das Unternehmen seine digitalen Aktivitäten vorantrieb, eine Reihe von Forschungsprojekten ins Leben gerufen. Im Sommer 2019 entwickelte er ein KI-Programm, dessen Ziel darin bestand, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Rekordzeit neue, qualitativ hochwertige Ideen für Wirkstoffe zu liefern und so dazu beizutragen, die üblichen Laufzeiten von Arzneimittelforschungsprojekten zu verkürzen und die damit verbundenen Kosten zu senken.
Das Projekt von Godinez war Guiguemde bei einem der regelmässigen Wissenschaftlertreffen in Emeryville, wo beide arbeiten, im Herbst 2019 aufgefallen. «Das Programm von Godinez lernte ich bei einer unserer Postersitzungen kennen», erinnert sich Guiguemde. «Ich wollte mehr darüber erfahren und es testen.»
Der Kampf gegen Resistenzen
Guiguemdes Neugierde war vor allem von der Komplexität der Malariaforschung und der Notwendigkeit getrieben, ständig neue Wirkstoffe entwickeln zu müssen. Da Malaria eine durch Mücken übertragene, aber von einem Parasiten verursachte Krankheit ist, verlieren alle Therapien mit der Zeit ihre Wirkung: Der Erreger entwickelt eine Resistenz gegen die Medikamente.
Dieses Phänomen ist im Lauf der Geschichte immer wieder aufgetreten. Ein Extrakt aus der Rinde des Chinarindenbaums war fast 300 Jahre lang die Standardtherapie gegen Malaria, bevor Anfang des 19. Jahrhunderts Chinin eingesetzt wurde. Später wurde Chinin durch Chloroquin ersetzt. Doch genauso wie die späteren Medikamente, darunter Mefloquin und Atovaquon, verloren alle diese Therapien nach und nach ihre Wirksamkeit.
Ende der 1990er-Jahre befürchtete die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Teile Afrikas und Asiens könnten unbewohnbar werden. Die Krankheit forderte jährlich mehr als eine Million Todesopfer, da die Standardtherapien ihre Wirkung verloren hatten.
An dieser Stelle kam Novartis ins Spiel. Das Unternehmen hatte damals das Malariamittel Coartem® entwickelt und arbeitete gemeinsam mit der WHO daran, die Malaria-Initiative ins Leben zu rufen. Das Novartis Institute for Tropical Diseases wurde gegründet, um neue Wirkstoffe zu entwickeln und sich auf zukünftige Resistenzen vorzubereiten.
Diese Investition hat sich im Hinblick auf die Weltgesundheit ausgezahlt. Seit 2001 haben Patienten in den endemischen Ländern mehr als eine Milliarde Coartem-Packungen erhalten. Dies hat zur Eindämmung der Krankheit beigetragen und die Vereinten Nationen bei ihren Anstrengungen unterstützt, eines ihrer Ziele im Rahmen des Millennium-Programms zu erreichen. Ausserdem testet das NITD zusammen mit mehreren Partnern derzeit drei neue Malariamittel in der Klinik – das Ergebnis von 20 Jahren ununterbrochener Forschung.