Medizinische Innovationen sind oft die Konsequenz jahrzehntelanger Forschung.
Publiziert am 12/12/2022
Liebe Leserin, lieber Leser
Innovation ist das Schlagwort wie auch der Lebensnerv unserer Zeit. Der Begriff ist mittlerweile so allgegenwärtig und inflationär in Gebrauch, dass sich seine Bedeutung erheblich verwässert hat. Klar ist jedoch, dass ohne echte Innovationen weder wirtschaftlicher noch sozialer Fortschritt möglich ist.
Die Fähigkeit zur Innovation und zur Entwicklung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen, die Mehrwert generieren, ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern, die Umwelt zu schützen und zur Schaffung einer gerechteren und wohlhabenderen Gesellschaft beizutragen.
Das Streben nach echter Innovation – nicht nur nach Verbesserung – ist jedoch ein riskantes Unterfangen. Es erfordert Spitzenkenntnisse, beträchtliche finanzielle Mittel und vor allem eine mutige Einstellung – auch oder gerade angesichts des möglichen Scheiterns.
Präsident Ronald Reagan sagte nach der tödlichen Explosion der Challenger im Jahr 1986 in seiner Rede an die US-amerikanische Bevölkerung: «Die Zukunft gehört nicht den Zaghaften, sie gehört den Mutigen. Die Mitglieder der Crew zeigten uns den Weg in die Zukunft, und wir werden ihnen weiterhin folgen.»
Je riskanter das Ziel, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns. Dies gilt nicht nur für die Raumfahrt, sondern auch für jeden anderen Spitzenbereich, die Pharmabranche mit eingeschlossen. Diese kommt nur voran, indem sie den Status quo infrage stellt und Rückschläge akzeptiert.
In den vergangenen zehn Jahren gab es zahlreiche wissenschaftliche Durchbrüche, die nach diesem dialektischen Muster von Erfolg und Misserfolg verliefen. Sie führten zu neuen medizinischen Ansätzen, die über die traditionellen Konzepte der kleinmolekularen und biotechnologischen Therapien hinausgehen und so der Industrie Zugang zu Bereichen verschafft haben, die bisher auf die Grundlagenforschung oder auf Spezialkliniken beschränkt waren.
Grosse Fortschritte in der RNA-, Zell-, Gen- und Radioligand-Technologie haben es Novartis ermöglicht, Therapien gegen eine Vielzahl von Krankheiten zu entwickeln, die bis vor Kurzem noch als unheilbar oder extrem schwer behandelbar galten.
Diese Durchbrüche waren das Ergebnis jahrzehntelanger Forschung, die auch Misserfolge einschliessen – eine Tatsache, die im Moment des Erfolgs oft ignoriert wird. Die Gentherapie beispielsweise, die es bereits seit den 1980er-Jahren gibt, ist erst vor weniger als zehn Jahren zu einer nachhaltigen Technologie entwickelt worden. An der RNA-Technologie, die massgeblich zur Überwindung der Coronaviruspandemie beigetragen hat, wird seit über 30 Jahren geforscht.
Novartis steht seit ihrer Gründung im Jahr 1996 an der Spitze der pharmazeutischen Entwicklung und erprobte von Anfang an neue Wege wie Gentherapie und Xenotransplantation. Zwar schlugen diese ersten Versuche fehl, aber wir haben wichtige Lehren daraus gezogen.
Eine Erkenntnis aus diesen Fehlschlägen war, dass bahnbrechende Technologien, auch wenn sie auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, oft noch nicht für eine breite Anwendung geeignet sind. Daher ist es wichtig, Risiken auf intelligente Weise einzugehen. Zwar mussten wir das auf die harte Tour lernen. Doch dies erlaubte uns, die gemachten Erfahrungen für andere Unterfangen zu nutzen, beispielsweise für Gentherapien der nächsten Generation.
Auch in Zukunft bleiben wir unserer Strategie treu, uns auf wissenschaftsbasierte Innovationen zu konzentrieren, in die wir jährlich rund 9 Milliarden US-Dollar investieren. Wir werden unsere Bemühungen zur Entwicklung innovativer Therapien, die die Praxis der Medizin verändern können, fortsetzen.
In dieser Ausgabe des live-Magazins, die sich als erste einer dreiteiligen Serie schwerpunktmässig mit unseren wissenschaftlichen Kernaufgaben beschäftigt, erfahren Sie, dass wir weiterhin intensiv in unsere Forschungskapazitäten investieren werden. Einer der Hauptartikel beschäftigt sich mit unserer neuen nuklearmedizinischen Forschungs- und Entwicklungsanlage auf unserem Campus in Basel, die dieses Jahr in Betrieb genommen wurde.
Ein weiteres grosses Thema dieser Ausgabe sind unsere Aktivitäten im Bereich der chemischen Biologie, die uns bei der Entwicklung neuer Molekülklassen unterstützen. In einer dreiteiligen Serie, die diesem Forschungsbereich gewidmet ist, beleuchten wir, wie unsere Wissenschaftler Technologien wie CRISPR, pluripotente Stammzelltechniken und die Kryo-Elektronenmikroskopie-Bildgebung nutzen, um unser Wissen im Bereich der Humanbiologie zu vertiefen.
Wir sind uns bewusst, dass das Streben nach Innovationen von Misserfolgen geprägt ist. Wir wissen aber auch, dass wir nur mit Spitzenforschung langfristig den grössten Nutzen erzielen können. Indem wir mit Bedacht Risiken eingehen und mutige Denkweisen entwickeln, werden wir nicht nur besser in der Lage sein, die medizinische Praxis zu verändern, sondern auch aufzeigen können, dass medizinische Innovationen einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stärkung leisten.
Novartis hat den Mut, diesen beschwerlichen, aber vielversprechenden Weg weiterzuverfolgen, der letztendlich zum Fortschritt führt. Es ist der Weg, den Novartis und ihre Vorgängerunternehmen seit mehr als einem Jahrhundert gehen.