Was im Game so leicht daherkommt, brauchte monatelange Vorbereitung.
Publiziert am 09/05/2022
Wer heute in die Welt der Videospiele eintauchen möchte, hat viele Genres zur Auswahl. Egal ob allein oder in der Gruppe, den Spielmöglichkeiten sind praktisch keine Grenzen gesetzt.
Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Komplexitätsgrad der Games. Während sich massentaugliche Puzzle- oder Geschicklichkeitsspiele überall konsumieren lassen und eher für kurzweiligen Zeitvertreib geeignet sind, können komplexere Strategiespiele die Gamer mehrere Stunden, wenn nicht Tage oder Wochen an den Monitor fesseln.
Begibt man sich auf die Suche nach einem Spiel, das die Medikamentenentwicklung auch für Laien greifbar und erfahrbar macht, ist das Ergebnis ziemlich unbefriedigend: Bis auf wenige Ausnahmen findet sich kaum ein Videospiel, das sich explizit mit dem Thema auseinandersetzt.
Dies wird sich mit der Eröffnung des Novartis Pavillon ändern. Die interaktive Wissenschaftsausstellung «Wonders of Medicine», die das Herzstück des Pavillons bildet, setzt auch auf den sogenannten Gamification-Ansatz, der Wissensvermittlung mit spielerischem Erleben vereint. So sollen nicht nur anspruchsvolle Zusammenhänge in anschaulicher und leicht zugänglicher Form dargestellt, sondern auch Austausch und Diskussion angeregt werden.
Medizin in Szene setzen
Man spricht von Gamification, wenn das Spielerische in einen bis dahin spielfremden Kontext Einzug hält. Das heisst, dass ein Thema, das vielleicht auf den ersten Blick etwas abstrakt und trocken wirkt, derart aufbereitet wird, dass Lernende die Möglichkeit erhalten, sich aktiv am Lernprozess zu beteiligen.
Heute wird Gamification in verschiedenen Bereichen eingesetzt, auch in der Medizin. So hat die Deutsche Telekom in Zusammenarbeit mit britischen Neurologen und dem Spieleentwickler Glitchers das Spiel «Sea Hero Quest» entwickelt, das Verhaltensdaten in Bezug auf räumliche Orientierung sammelt, um der Demenzforschung zu neuen Erkenntnissen zu verhelfen.
Das Spiel, das 2016 lanciert und bisher mehr als vier Millionen Mal heruntergeladen wurde, folgt einem simplen Prinzip: Zu Beginn jedes Spiels wird eine Karte eingeblendet, auf der die Standorte dreier Bojen eingezeichnet sind. Der Spieler muss sich deren Position genau einprägen und sie in der richtigen Reihenfolge abfahren. Die, wie sie plakativ auch genannt wird, «grösste Demenzstudie aller Zeiten» soll unter anderem klären, wie sich das räumliche Orientierungsvermögen mit zunehmendem Alter entwickelt.
Gamification erfreut sich auch in der ärztlichen Ausbildung wachsender Beliebtheit. Ein Beispiel dafür ist EMERGE – eine Notaufnahme-Simulation, die von Universitätskliniken in Hamburg-Eppendorf und Göttingen konzipiert wurde. In diesem PC-Spiel schlüpfen Medizinstudenten in die Rolle eines diensthabenden Arztes und müssen sich unter Zeitdruck an realen Fällen beweisen.
Auch Novartis macht sich den natürlichen Spieltrieb des Menschen zunutze. Getrieben vom Ziel, ihre Forschungsaktivitäten einem breiten Publikum zugänglich zu machen und mit der Öffentlichkeit in einen offenen Dialog auf Augenhöhe zu treten, engagierte Novartis das Designbüro Atelier Brückner, um im Pavillon für ein kurzweiliges und doch anspruchsvolles Programm zu sorgen.
Atelier Brückner, das sich in puncto Ausstellungsdesign und Szenografie international einen Ruf erarbeitet hat, wurde damit beauftragt, Räume und Installationen zu kreieren, durch die medizinische und pharmazeutische Inhalte spielerisch aufgenommen und verinnerlicht werden.
Das Stuttgarter Designbüro hat bereits eine Vielzahl aufsehenerregender Projekte realisiert, etwa das am Fuss der Pyramiden von Gizeh erbaute Grand Egyptian Museum, das die Besucher in die Zeit der ägyptischen Hochkultur und der mächtigen Pharaonen zurückversetzt.