Durch kleinere Verpackungen Karton einsparen.
Publiziert am 05/10/2020
Als die Rauchsäule, die lange Zeit aus dem Schlot einer industriellen Verbrennungsanlage aufgestiegen war, endlich verpuffte, wusste Brett Fulford, dass er – in technischer und beruflicher Hinsicht – auf dem richtigen Weg war.
Das war Anfang der 1990er-Jahre. Fulford, seinerzeit bei Rechem International beschäftigt, hatte zuvor einen der ersten Nasselektrofilter im Vereinigten Königreich installiert. Dieser Hightechfilter ermöglicht es Fabriken, toxische Chemikalien ohne schädliche Folgen für die Umwelt zu verbrennen.
«Über mein Funkgerät wies ich das Kontrollcenter an, den Filter einzuschalten», erinnert sich Fulford über 20 Jahre später an diesen Augenblick. «Und so verschwand plötzlich die dampfende Rauchwolke, die sonst immer meilenweit zu sehen war. Dass ich selbst dazu beigetragen hatte, diese giftigen Abfälle zu beseitigen, erfüllte mich mit Freude.»
Fulford, der einst am Leicester Polytechnic Ingenieurtechnik studiert hat, ist ebenfalls Fachmann für Abfallbehandlung und Umweltschutz. «Ich war eine Zeit lang auf das Thema Design fokussiert und arbeitete für eine in diesem Bereich tätige Firma, da mich Produktdesigner wie Philipp Starck total begeisterten», bemerkt Fulford. «Doch letztlich entschied ich mich für Umweltwissenschaften, einen ganz neuen und spannenden Bereich, in dem ich meine technischen Fähigkeiten auf die Probe stellen konnte.»
Als Fulford seine Ausbildung an den Universitäten Manchester und Loughborough fortsetzte, gab es nur eine Handvoll Ingenieure in dieser aufstrebenden Disziplin, die trotz des wachsenden gesellschaftlichen Umweltbewusstseins noch immer ein Schattendasein fristete. «Wir waren nur ein kleiner Haufen», erinnert sich Fulford. «Doch das gab uns das Gefühl, Wegbereiter zu sein und wirklich etwas zu bewirken.»
Plastikneutralität
Der Pioniergeist und die Motivation, zu einer sauberen Umwelt beizutragen, liessen Fulford, der vor mehr als zwei Jahrzehnten in die Pharmabranche und vor rund drei Jahren zu Novartis wechselte, nie wieder los. Als Head of Environmental Projects betreut er heute eine Reihe grosser und kleiner Projekte, die das Unternehmen nachhaltiger gestalten werden.
Eines seiner wichtigsten Vorhaben besteht darin, Novartis bis 2030 plastikneutral zu machen. Dabei soll das Gewicht entsorgter Plastikverpackungen dem Gewicht der wiederverwerteten Kunststoffe entsprechen.
Dafür entwickelt Fulford neue Verfahren, um PVC zu reduzieren. PVC gehört zu den meistverwendeten Kunststoffen in Arzneimittelverpackungen und wurde – bedingt durch seine schützenden Eigenschaften – von Patienten und Aufsichtsbehörden bislang kaum hinterfragt.
Obwohl die ökologischen Auswirkungen von PVC bekannt sind, ist das Material in der weltweiten Verpackungsbranche sehr beliebt und dürfte in den nächsten Jahren weiter an Volumen zunehmen. Wenngleich der Markt für medizinische Verpackungen verglichen mit anderen Branchen klein ist, ist PVC aufgrund seiner hohen Flexibilität und niedrigen Kosten allgegenwärtig.
«PVC wird schon so lange verwendet, dass es erst seit Kurzem, wenn überhaupt, infrage gestellt wird», macht Fulford deutlich. «PVC ist in vielerlei Hinsicht das zuverlässigste und sicherste Material für die Lagerung und den Verkauf von Arzneimitteln. Man bedenke beispielsweise, dass Medikamente weltweit über grosse Entfernungen transportiert und unter anderem vor Druck- und Temperatureinwirkung geschützt werden müssen.»
Sekundärverpackung
Aufgrund seiner Robustheit und seiner Unempfindlichkeit gegenüber starken Stössen und hohen Temperaturen ist PVC die erste Wahl für Primärverpackungen und fungiert in der klassischen Blisterverpackung als Schutzschild für Arzneimittel.
Obwohl Novartis an neuen Verfahren arbeitet, um PVC in diesem Bereich zu ersetzen, sind die aufsichtsrechtlichen und technischen Barrieren derzeit so hoch, dass sich die meisten Bemühungen auf Konzepte beschränken. Etwas anders sieht es aber bei Sekundär- und Tertiärverpackungen sowie in der Verpackungsgestaltung für neue Arzneimittel aus.
Federführend bei einer der vielversprechendsten Initiativen zur PVC-Ablösung ist Yves Steffen, der den Bereich TRD Packaging & Device Commercialization leitet und an der Verwendung neuer Materialien für Sekundärverpackungen von biologischen Therapien arbeitet. Diese Verpackungen sollen beispielsweise Einzeldosen in einer Schachtel zusammenhalten.
«Alles, was wir tun, muss wirtschaftlich sinnvoll sein und darf keinesfalls die Sicherheit der Patienten beeinträchtigen», stellt Maschinenbauingenieur Steffen klar, der seit 16 Jahren für Novartis tätig ist und die Schwierigkeiten kennt, wenn es ein Material zu ersetzen gilt, das in der Branche bis dato der unangefochtene Favorit ist. «Wir suchen nach Lösungen, die kaum Investitionen erfordern und unserer Produktion den richtigen Anreiz verschaffen, sich auf ein neues Material einzulassen.» Ein Anfangserfolg war der Ersatz von PVC-Folie für neu lancierte Biologika, die häufig in Fertigspritzen transportiert werden. Statt bei der Sekundärverpackung, die das Produkt in der Schachtel zusammenhält, auf PVC zu setzen, suchte die Gruppe nach wiederverwertbaren Materialien, die die Umwelt nur wenig belasten.
«Unsere Suche mündete schliesslich in Bio-Thermoplastik auf Basis nachwachsender Rohstoffe», so Steffen weiter. «Es gelang uns, das Abfallaufkommen zu reduzieren und Kosten zu sparen. Und da Sekundärverpackungen für Biologika keiner behördlichen Zulassung bedürfen, konnten wir PVC sehr schnell durch dieses neue Material ersetzen.»
Angesichts der Effizienz, mit der das Team das Projekt umsetzte, haben Steffen und seine Kollegen nun vor, bei Sekundärverpackungen für Biologika vollständig auf PVC zu verzichten. Unterdessen will Novartis, die für ihre Produkte einen Verbrauch von 30 000 Tonnen Kunststoff errechnet hat, PVC auch von Ampullenträgern und Kunststoffbändern für Flaschenverschlüsse verbannen und Flaschen durch Beutel ersetzen.