Ein aufstrebendes Fachgebiet
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    Nukleartechnologie für medizinische Zwecke nutzen

    Die Firma Advanced Accelerator Applications will biologische Arzneimittel mit Nuklearmedizin verschmelzen, um Substanzen zu entwickeln, die Krankheiten erkennen und behandeln können.

    Von Goran Mijuk

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    Maurizio Mariani stiess 2008 zu AAA, um eine nuklearmedizinische Therapie zu entwickeln, die sich für die Behandlung und Bildgebung bei Krebs nutzen lässt.

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    Publiziert am 01/06/2020

    Maurizio Franco Mariani liebt Herausforderungen und verabscheut Routine. Deshalb zögerte der Wissenschaftler keine Sekunde, als ihm vor über zehn Jahren eine Stelle bei der Firma Advanced Accelerator Applications (AAA) in Norditalien angeboten wurde. Seine Aufgabe bei AAA bestand in der Entwicklung eines neuen Therapieansatzes mithilfe radioaktiver Teilchen.

    Maurizio Mariani stiess 2008 zu AAA, um eine nuklearmedizinische Therapie zu entwickeln, die sich für die Behandlung und Bildgebung bei Krebs nutzen lässt.

    «Ich habe während meiner gesamten beruflichen Laufbahn niemals den einfachen Weg gewählt», bekennt der ausgebildete Arzt Mariani, der sich auch auf Pharmakologie und Arzneimittelentwicklung spezialisiert hat. «Als mir Stefano Buono, der Gründer und damalige CEO, 2008 von der Idee berichtete, eine nuklearmedizinische Therapie zu entwickeln, packte ich die Gelegenheit beim Schopf, denn das war völliges Neuland.»

    Von einem Pharmagiganten zu AAA zu wechseln, zählte zu den mutigsten Entscheidungen seiner Karriere. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Firma AAA, die 2002 gegründet wurde und inzwischen zu Novartis gehört, nur wenige Dutzend Mitarbeitende. Doch diese verband eine klare Vision: die Entwicklung innovativer Krebstherapien mithilfe hochenergetischer radioaktiver Teilchen, die als Radionuklide bezeichnet werden.

    Damals hatten nur wenige Spezialkliniken in Europa und den USA Krebstherapien entwickelt, bei denen kleinste Mengen radioaktiver Teilchen eingesetzt wurden, um Tumore zu behandeln.

    Die Entwicklung einer standardisierten Nukleartherpaie, die Patienten weltweit zur Verfügung stehen würde, war eine komplexe und scheinbar unlösbare Aufgabe. Doch Mariani und sein Team stellten sich der Herausforderung.

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      Einblick in den Alltag von Francesco Cipolla.
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      Ein auf­stre­ben­des Fach­ge­biet

      Als AAA 2002 gegründet wurde, war die Nuklearmedizin zwar bereits ein etablierter medizinischer Fachbereich. Doch mit Blick auf Therapien und Diagnostik steckte noch enorm viel Potenzial darin.

      Nach der Entdeckung radioaktiver Teilchen durch Henri Becquerel und Marie Curie zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt das Gebiet in den 1930er-Jahren einen frühen Schub durch die Pionierarbeit, die der US-Physiker Ernest Lawrence zusammen mit seinem Bruder John, einem Arzt, an der University of California, Berkeley, leistete.

      Ernest Lawrence gelang es, einen Teilchenbeschleuniger zu bauen, der künstlich radioaktive Isotope bzw. Radionuklide herstellte. Sein Bruder John zählte zu Ersten, die solche Substanzen in der Medizin anwandten. John Lawrence nutzte verschiedene von einem Zyklotron (Teilchenbeschleuniger) produzierte radioaktive Teilchen und behandelte damit Leukämie und andere Krebsarten.

      Die Arbeit von John Lawrence, der als Vater der Nuklearmedizin gilt, löste eine wahre Forschungslawine aus. Physiker entdeckten dank Zyklotronen neue radioaktive Teilchen, die den Ärzten halfen, diese Radionuklide auf verschiedene Krankheitsbereiche anzuwenden.

      Besonders schnell verlief die Entwicklung im Bereich der Diagnostik, da es die energiereichen Teilchen den Ärzten ermöglichten, Krebs im Körper auf einfache und nicht invasive Weise aufzuspüren.

      Bei diesem bildgestützten Diagnoseverfahren erhalten die Patienten sehr niedrige Dosen einer radioaktiven Substanz, die im Körper Spuren hinterlässt. Diese Substanz lässt sich dann durch bildgebende Verfahren wie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und die seit der Jahrtausendwende zunehmend verbreitete Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie (SPECT) messen.

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      Mäntel und andere Einwegmaterialien werden in speziellen Behältern entsorgt.

      Bild­ge­ben­de Ver­fah­ren in der Nu­kle­ar­me­di­zin

      Vor diesem Hintergrund begann AAA zunächst mit der Herstellung radioaktiver Moleküle für die PET- und SPECT-Diagnostik in Spitälern und medizinischen Zentren, die zumeist nicht die Voraussetzungen hatten, um solche Wirkstoffe selbst herzustellen.

      AAA-Gründer Buono, der bereits für die Europäische Organisation für Kernforschung (CERN) tätig gewesen war, kannte die zugrunde liegenden physikalischen Prozesse gut und war sich der Schwierigkeiten einer zeitnahen Lieferung dieser Produkte bewusst.

      Die Herausforderung bestand nicht nur in der Herstellung der radioaktiven Substanzen für die bildgebenden Verfahren. Es galt auch eine Lösung für den Vertrieb zu finden, da die Halbwertszeit der Teilchen, die zwischen wenigen Stunden und einigen Tagen liegen kann, keine traditionelle Distribution erlaubt.

      Doch AAA war der Herausforderung gewachsen: Dem Unternehmen gelang es, radioaktive Produkte für die bildgestützte Diagnose herzustellen und es baute ein Vertriebsnetz auf, um eine grosse Zahl europäischer Spitäler zu erreichen.

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      Das F&E-Team von AAA (von links nach rechts): Donato Barbato, Daniela Chicco, Clementina Brambati, Lorenza Fugazza, Valeria Muzio und Elena Bisone.

      Ein lan­ger Weg

      Trotz des Erfolgs ruhte sich AAA nicht auf seinen Lorbeeren aus, sondern wollte prüfen, ob sich eine zielgerichtete radionuklidgestützte Therapie entwickeln lässt, die an Krankenhäuser in der ganzen Welt ausgeliefert werden kann. Doch der Weg dahin war steinig.

      «AAA war ein kleines Unternehmen mit begrenzten finanziellen Mitteln», bemerkt Mariani. «Wir mussten so effektiv und schnell wie möglich sein und absolute Höchstleistungen erbringen, um unser Ziel zu erreichen: eine standardisierte nuklearmedizinische Therapie zu entwickeln und herzustellen.»

      Die erste Hürde bestand darin, einen geeigneten Wirkstoff zu finden, der für potenzielle Behandlungen infrage kam und eine Halbwertszeit aufwies, die den Transport zum Patienten zulässt. Die Suche nach einem solchen Molekül dauerte Jahre. Doch schliesslich entdeckten Mariani und sein Team ein kleines Peptid, das an ein Radionuklid gebunden werden konnte, eine Halbwertszeit von mehreren Tagen besass und Tumore wirksam behandelte.

      Bis das AAA-Team mit klinischen Studien beginnen konnte, hatte das Unternehmen zudem ein gebrauchsfertiges und für den Handel geeignetes Produkt zu entwickeln, das an Spitäler geliefert werden und schnellstmöglich beim Patienten sein kann.

      Während ein kleines Team von Nuklearchemikern einen nahtlosen Produktionsprozess konzipierte, arbeitete eine zweite Gruppe auf ein globales Vertriebsnetz hin, mit dem sich die Therapie innert zwei bis drei Tagen nach der Produktion weltweit in Spitäler bringen lässt.

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      Francesco Cipolla zieht mehrere Schutzkittel an …

      Kli­ni­sche Stu­die

      Doch das war nur ein Teil des beschwerlichen Wegs. «Ein weiterer wichtiger Schritt für das Team bestand darin, ein vollständiges präklinisches Paket herzustellen und alle verfügbaren klinischen Daten früherer Verwendungen zu sammeln, um eine offizielle randomisierte Phase-III-Studie am Menschen vorzubereiten», macht Mariani deutlich. «Aufgrund des grossen Datenvolumens war das mit einem beträchtlichen Zeitaufwand verbunden.»
      Um die Zulassungsbehörden zu überzeugen, verbrachten Mariani und sein Team, darunter Daniela Chicco, Jack Erion und Paola Santoro, mehrere Monate damit, bestehende Patientendaten zu durchforsten und nebst einer soliden Zulassungsstrategie ein Studienprotokoll auszuarbeiten. Bei dieser Mammutaufgabe wurden sie von anderen Onkologen und Nuklearmedizinern unterstützt, die bereits zuvor an der manuell hergestellten Therapie gearbeitet hatten.

      Nach zwei Jahren harter Arbeit nahm AAA im Sommer 2012 in Europa den ersten Studienpatienten auf und startete die Testreihe kurz danach auch in den USA.

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      Den Zu­gang ver­bes­sern

      Die Hindernisse, die es zu überwinden galt, bevor das Unternehmen mit den klinischen Versuchen beginnen und Patienten weltweit beliefern konnte, die für solche Behandlungen andernfalls weite Reisen auf sich hätten nehmen müssen, waren zwar gross. Doch das Team um Mariani  gab nicht auf, weil die Wissenschaftler von AAA vom hohen Potenzial der nuklearmedizinischen Therapie überzeugt waren.

      Ein grosser Vorteil der Nuklearmedizin ist laut Mariani, dass sich die Behandlung und die bildgestützte Diagnose einer Krankheit eng miteinander verzahnen lassen. «Für uns liegt die Attraktivität und Stärke der Nuklearmedizin darin, dass wir einen massgeschneiderten Ansatz entwickeln können, in dem die bildgestützte Diagnose und die Therapie verschmelzen.»
       
      Denn es sind jeweils gleiche oder ähnliche Substanzen, die sich an Krebszellen binden und sich sowohl therapeutisch als auch diagnostisch nutzen lassen. Hierzu muss lediglich das Nuklearteilchen ausgewechselt werden. «Dank dieser Strategie können wir den Krebs lokalisieren und die gleiche bzw. eine ähnliche Substanz mit einem anderen radioaktiven Wirkstoff einsetzen, um den Krebs zu behandeln.»

      Angesichts der Vorteile eines solchen Vorgehens dürfte sich die Nuklearmedizin weiter verbreiten. «Wir hoffen, die medizinische Praxis mit diesem Ansatz verändern zu können, da wir das grossartige Potenzial der Nuklearmedizin weiter ausschöpfen wollen», so Mariani abschliessend.

      Zur Zeit erforscht die Firma AAA, die 2018 von Novartis übernommen wurde, neue zielgerichtete Therapien, um auch andere onkologische Erkrankungen einschliesslich mehrerer solider Tumore zu therapieren.

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