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    Innovative Brückenbauer.
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    Publiziert am 03/10/2022

    Der studierte Molekularbiologe Raj Lehal hat nicht nur die akademische Karriereleiter in halsbrecherischer Geschwindigkeit erklommen, sondern sein Wissen im Onkologiebereich in Rekordzeit in unternehmerisches Know-how umgemünzt.

    «Ich habe viele Stunden im Labor verbracht, um Analysen durchzuführen und Probleme zu lösen», so Lehal, der in seinem Heimatland Kanada zahlreiche Forschungsstipendien erhalten hat, bevor er 2011 an der renommierten École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) promovierte. «Ich war dabei immer bestrebt, dass sich die Ergebnisse meiner Arbeit in greifbaren Nutzen für die klinische Praxis umsetzen lassen, um Patienten dabei zu unterstützen, ein erfülltes Leben ohne schmerzhafte Beschwerden zu führen.»

    Um seine unternehmerischen Fähigkeiten zu schärfen und die Feinheiten des aufstrebenden Biotechnologiesektors besser zu verstehen, begann Lehal, an der EPFL Betriebswirtschaftskurse zu besuchen und gleichzeitig an seiner Dissertation zu arbeiten. «Ich habe zunächst mit Venturelab zusammengearbeitet, einem Programm zur Unterstützung von Start-ups, das wichtige Akteure aus Wissenschaft und Industrie zusammenführt, um in einem forschungsorientierten multidisziplinären Umfeld neue Ideen zu entwickeln», erläutert Lehal.

    Ein wichtiger Partner von Venturelab ist die Schweizer Plattform Swissnex, zu deren Aufgaben gehört, Start-ups dabei zu unterstützen, im Ausland Fuss zu fassen. «Das Schweizer Programm hat mir geholfen, mein Potenzial voll zu entfalten, und führte dazu, dass ich 2013 für ein von Swissnex organisiertes Start-up-Bootcamp in Boston ausgewählt wurde.»

    Als Teil einer Delegation von 20 jungen Schweizer Unternehmern reiste Lehal in die USA, um seine Ideen einer Gruppe hochkarätiger Investoren vor­zustellen. «Sich mit dem US-amerikanischen Start-up-Ökosystem zu beschäftigen und es kennenzulernen, erweitert die eigenen Perspektiven und öffnet Türen für viele Unternehmungen», so Lehal. «Nur dank Swissnex konnte ich dieses Netzwerk nutzen.»

    Wissenschaftsdiplomatie

    Swissnex, eine Initiative des Schweizer Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation, geht auf das Jahr 1958 zurück, als die Schweiz die ersten Wissenschaftsattachés in die USA entsandte.

    Im Lauf der Jahre wurde das Attaché-Modell der Wissenschaftsdiplomatie durch die Idee vollwertiger Konsulate ergänzt, die die Schweiz und die übrige Welt in Bereichen wie Bildung, Forschung und Innovation verbinden. Als Swissnex 2000 ihr erstes Büro in Boston eröffnete, war dies weltweit das erste Konsulat dieser Art.

    Was mit nur einem Büro begann, wuchs bald zu einem Netzwerk, das sich über die innovativsten Regionen der Erde erstreckt. Neben Büros in Boston und San Francisco unterhält Swissnex nun auch Aussenstellen in Brasilien, China und Indien. Die Organisation war auch während der Expo 2020 in Dubai sehr aktiv, wo Swissnex rund 40 Veranstaltungen mit Schweizer Hochschulen, Forschungsinstituten, Unternehmen und Start-ups organisierte.

    Vor Kurzem gab die Schweiz zudem Pläne zur Eröffnung eines weiteren Swissnex-Büros im japanischen Osaka bekannt. Im April dieses Jahres reiste der Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis in Begleitung einer Delegation mit führenden Vertretern der Schweizer Wirtschaft, darunter Matthias Leuenberger, Länderpräsident von Novartis Schweiz, nach Japan, um die diplomatischen Bemühungen für neue wissenschaftliche Kooperationen in der ganzen Welt fortzusetzen.

    In einer Rede in Kyoto unterstrich Cassis die Bedeutung der Wissenschaftsdiplomatie für die Bewältigung einiger der grössten gesellschaftlichen Herausforderungen der Welt und sagte: «Die internationale Gemeinschaft muss die Möglichkeiten der wissenschaftlichen Forschung nutzen und optimale Entscheidungen zum Wohl der Menschheit treffen.»

    Matthias Leuenberger betonte, die Bemühungen von Cassis seien von entscheidender Bedeutung, wenn die Schweiz ihr wissenschaftliches Netzwerk in der Welt weiter ausbauen wolle, vor allem jetzt, wo die Schweiz bei Horizon Europe als nicht assoziiertes Drittland behandelt wird. «Der Erfolg der Schweiz hängt von Innovationen ab, die wiederum von den klügsten Köpfen abhängen», so Leuenberger. «Das bedeutet, dass die Schweiz von der Personenfreizügigkeit und von Horizon Europe abhängig ist. In Ermangelung des Horizon-Programms brauchen wir jetzt neue Wege, um die Beziehungen zu anderen Ländern zu fördern.»

    Aufbruch in die USA

    Ob mit einem europäischen Rahmenforschungsprogramm oder ohne, Schweizer Wissenschaftler und Unternehmer verlassen sich seit Langem auf Swissnex, um Verbindungen zu Innovationszentren wie Boston herzustellen. Neben der Förderung wissenschaftlicher Kooperationen unterstützt die Institution Schweizer Start-ups dabei, das Potenzial ausländischer Märkte zu erkunden, vor allem durch ihre Partnerschaft mit der Schweizer Innovationsagentur Innosuisse.

    «Wir unterstützen Jungunternehmer, indem wir ihnen Erkenntnisse, Kontakte und Beratungsleistungen bieten», so Benjamin Bollmann, der die Swissnex-Büros in Boston und New York leitet. «Es geht darum, ihre Geschäftsmodelle einem Stresstest zu unterziehen, ihnen den Zugang zu relevanten Netzwerken zu ermöglichen und ihnen neue Möglichkeiten zu eröffnen.»

    Während Start-up-Märkte in Asien und Europa an Zugkraft gewinnen, sind die USA – die reichste Volkswirtschaft der Welt und Heimat einer blühenden Start-up-Szene – nach wie vor das beliebteste Ziel für Schweizer Unternehmer, die ihre Geschäftstätigkeit internationalisieren wollen. «Das Risikokapital-Ökosystem in der Schweiz ist in den vergangenen zehn Jahren stark gewachsen, doch im Vergleich zu Boston oder San Francisco ist es noch relativ jung», so Bollmann.

    Auch die Mentalität ist eine andere. «In der Schweiz sind wir stolz auf die Qualität unserer Produkte und technischen Erfindungen. Wir neigen dazu, Bescheidenheit zu schätzen oder von «small is beautiful» auszugehen. Dies steht im Widerspruch zum amerikanischen Geschäftsethos, das Ehrgeiz und eine grosse Zukunftsvision verlangt», so Bollmann. Er ergänzt, dass amerikanische Investoren bei Pitches oft an der Entschlossenheit des Unternehmers zweifeln, wenn er um zu wenig Geld bittet.

    Der Türöffner

    Diesen Bewusstseinswandel herbeizuführen, ist Teil der Arbeit von Swissnex, die auch Workshops, Residencys und andere Serviceleistungen für interessierte Unternehmen umfasst. Raj Lehal, der zahlreiche Pitches in den USA miterlebt hat, bestätigt die Einschätzung von Bollmann und die Bedeutung von Swissnex in diesem Zusammenhang.

    «Die Unterschiede zwischen der europäischen und der amerikanischen Mentalität erläutere ich gerne mit der Analogie eines Kugelschreibers. Entwickeln die Schweizer einen Kugelschreiber, sagen sie: «Das hier ist das Produkt, und das ist sein Preis», während Amerikaner sagen würden: «Das ist der Kugelschreiber. Wenn Sie ihn kaufen, können Sie den besten Roman aller Zeiten schreiben. Amerikanische Unternehmer sind hervorragende Geschichtenerzähler, und wir können von ihnen lernen.»

    Diesen Unterschied wirklich zu erkennen, ist wichtig und kann ein entscheidender Wegbereiter für den Erfolg sein. Lehal ergänzt: «Stellen Sie sich vor, Sie sind ein frischgebackener Hochschulabsolvent, dem es an Glaubwürdigkeit mangelt, um sich an die wichtigsten Akteure in diesem Bereich zu wenden. Hier kommt Swissnex ins Spiel und bietet Zugang zu einem reichhaltigen Netzwerk von Ressourcen und Partnern, um die Geschäftstätigkeit anzukurbeln.»

    Ein Jahr nachdem er die Unterstützung von Swissnex erhalten hatte, gründete Lehal Cellestia, ein biopharmazeutisches Unternehmen, das sich auf Krebs- und Autoimmunkrankheiten konzentriert. Das Unternehmen weitete seine Tätigkeit erfolgreich auf das Ausland aus, wobei Lehal von den soliden internationalen Verbindungen profitierte, die Swissnex im Lauf der Jahre aufgebaut und gefestigt hatte.

    Vision für die Zukunft

    Das Unternehmen von Lehal war eines von Hunderten, deren Gründung Swissnex in den USA und anderswo unterstützte. Allein 2021 half das Institut mehr als 260 Schweizer Start-ups bei der Internationalisierung und legte damit den Grundstein für eine Start-up- und innovationsorientierte Wirtschaft.

    Angesichts dieses Erfolgs wird Swissnex auch in Zukunft den eingeschlagenen Weg fortsetzen und interessierten Unternehmen die notwendigen Instrumente zur Verfügung stellen.

    Im Rahmen der jüngsten Innovationen lancierten die Swissnex-Büros in Boston und New York die virtuelle Community-Plattform Founders Coalition. Sie ermöglicht es den Teilnehmern und Unternehmern, an Expertensitzungen und auch am Peer-to-Peer-Learning teilzunehmen. Zudem erlaubt sie den Austausch von Best Practices. Dies unterstützt die Teilnehmenden dabei, eine angemessene Strategie für die Gründung eines Unternehmens in den USA zu entwickeln.

    «Als Mittler und ‹knowledge broker› müssen wir uns permanent neu erfinden und an das sich ständig weiterentwickelnde geschäftliche Umfeld anpassen», so Bollmann. «Nur auf diese Weise können wir unsere Partner dabei unterstützen, in einer sich fortlaufend verändernden Welt des technologischen Fortschritts Relevanz zu bewahren und Mehrwert für ihre Unternehmen zu schaffen.»

    In einer Welt, die von zunehmenden politischen und wirtschaftlichen Konflikten und der Befürchtung geprägt ist, dass sich die Globa­lisierung verlangsamen wird, werden Netz­werke wie Swissnex immer wichtiger, um die Vernetzung aufrechtzuerhalten. Cassis formulierte diesen Sachverhalt wie folgt: «Wir alle sind auf ein funktionierendes internationales System angewiesen, das die Zeichen der Zeit mit all ihren Herausforderungen und Chancen erkennt.»

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