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Kampf durch die Jahrtausende.
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Auf dem Weg zur Ausrottung von Malaria
Das erste Malariamedikament für Neugeborene wurde im Juli 2025 von Swissmedic zugelassen. Dies war ein wichtiger Meilenstein für Novartis, der einen bedeutenden Fortschritt im weltweiten Kampf gegen Malaria darstellte und den jüngsten Durchbruch in einer langen Liste von Errungenschaften und bevorstehenden medizinischen Innovationen zur endgültigen Ausrottung von Malaria markierte.
Von Goran Mijuk.
1900



Malaria, oft als «Geissel der Menschheit» bezeichnet, ist seit Jahrtausenden bekannt, blieb jedoch bis Ende des 19..und Anfang des 20. Jahrhunderts kaum verstanden. Die Krankheit wurde oft mit Naturheilmitteln wie Chinin behandelt, das aus der Rinde des Chinarindenbaums gewonnen wurde.
Erst als Forscher wie Charles Louis Alphonse Laveran, Ronald Ross und Henry Edward Shortt den Mechanismus der Krankheit aufdeckten, wurden die ersten Medikamente entwickelt.
Da Malaria durch einen Parasiten verursacht wird, wurde die Resistenz gegen Behandlungen jedoch bald zu einer grossen Herausforderung, die kontinuierliche Forschung erforderte. Novartis und ihre Vorgängerunternehmen sind seit fast einem Jahrhundert auf diesem Gebiet tätig.
1934
Chloroquin wird als synthetisches Malariamedikament entwickelt und wird zu einem Eckpfeiler der weltweiten Malariabekämpfung, bis Jahrzehnte später Resistenzen auftreten.
(Ton an)
1939



Paul Hermann Müller, Chemiker bei Novartis-Vorgänger J.R. Geigy, entdeckt die Verwendung von DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) als Insektizid, was ihm 1948 den Nobelpreis für Medizin einbringt.
DDT trägt zur Ausrottung von Malaria in den USA, Kanada und Europa bei, wird allerdings in den 1970er-Jahren aufgrund von Umweltbedenken für den Einsatz in der Landwirtschaft weitgehend verboten. Später wird DDT von der WHO für die Malariabekämpfung jedoch wieder zugelassen.
1957


Rudolf Geigy von Novartis-Vorgängerunternehmen J.R. Geigy gründet in Ifakara ein Feldlabor für das Schweizerische Tropeninstitut, um Krankheiten wie Malaria zu erforschen, und legt damit den Grundstein für das heutige Ausbildungszentrum.
1961

Die Vorgängerunternehmen von Novartis gründen ein medizinisches Ausbildungszentrum im heutigen Tansania, das heute als renommiertes Rural Aid Center in Ifakara bekannt ist und jährlich über 100 medizinische Fachkräfte ausbildet.
1972

Chinesische Wissenschaftler entdecken Artemisinin, einen Wirkstoff aus Artemisia annua, als hochwirksames Mittel gegen medikamentenresistente Malaria.
Die Pflanze, bekannt als «Qinghao», oder «süsser Wermut», wird in alten chinesischen medizinischen Texten als Mittel gegen intermittierendes Fieber erwähnt.
1985

Die US-Armee und die WHO entwickeln gemeinsam Mefloquin zur Behandlung resistenter Malariastämme. Das Mittel verbreitet sich rasch, bis seine Wirksamkeit in bestimmten Regionen durch Resistenzen eingeschränkt wird.
1994

Die Novartis-Vorgängergesellschaft Ciba-Geigy unterzeichnet eine Vereinbarung mit chinesischen Partnern zur Suche nach neuen Medikamenten gegen Malaria.
1999

Novartis erhält die internationale Zulassung für eine neue Art der Malariabehandlung, die sogenannte Artemisinin-basierte Kombinationstherapie (ACT).
2000
Datenquelle: IHME, Global Burden of Disease (2024)


Mit weltweit rund 896 000 Todesfällen erreicht Malaria einen Höchststand und bremst vor allem in Afrika das Wirtschaftswachstum: In den betroffenen Ländern sinkt das jährliche BIP-Wachstum um bis zu 1,3 Prozent.
Ursache des starken Anstiegs ist die Resistenz von Malaria gegen sämtliche bekannten Behandlungsmethoden in den 1990er-Jahren.
2001

Novartis startet die Malaria-Initiative und geht eine Partnerschaft mit der Weltgesundheitsorganisation ein, um ACT-Behandlungen ohne Profit zu liefern.
Innerhalb weniger Jahre sinkt die Zahl der Malaria-Todesfälle dank weiterer Massnahmen und der breiten Verfügbarkeit von ACT-Behandlungen deutlich.
2003

Novartis geht eine Partnerschaft mit Medicines for Malaria Venture (MMV) ein, um eine pädiatrische Version ihrer ACT-Behandlung zu entwickeln, die bei Kindern mit Malaria wirkt, die gegen Standardbehandlungen resistent sind.
2003

Novartis gründet das Novartis Institute for Tropical Diseases (NITD) als öffentlich-private Partnerschaft, die sich auf die Entwicklung von Therapien für Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber konzentriert. Das Institut wird später in die Vereinigten Staaten verlegt.
2009
Novartis bringt das erste «kinderfreundliche» Malariamedikament auf den Markt, das gemeinsam mit dem Partner Medicine for Malaria Venture (MMV) entwickelt wurde. Es handelt sich um ein ACT, das sich auflösen lässt und einen süssen Kirschgeschmack hat. In den nächsten 16 Jahren werden über 500 Millionen Behandlungszyklen an Kinder auf der ganzen Welt verteilt, meist ohne Profit.
(Ton an)
2012



KAF156 (Ganaplacid) geht in die klinische Entwicklung. An seiner Entstehung waren das Genomics Institute der Novartis Research Foundation, der Wellcome Trust, das Schweizerische Tropen- und Public Health-Institut und das Biomedical Primate Research Institute beteiligt.
2015
Tu Youyou erhält den Nobelpreis für Medizin für ihre Entdeckung von Artemisinin, das massgeblich zur Entwicklung von Artemisinin-basierten Kombinationstherapien beigetragen hat.
(Ton an)
2018
Novartis stellt 100 Millionen US-Dollar für die Förderung der Malariaforschung und -entwicklung sowie den Zugang zu pädiatrischen Behandlungen bereit und bekräftigt damit ihre Rolle als weltweit führendes Unternehmen im Gesundheitsbereich.
(Ton an)
2020
Datenquelle: WHO, Global Malaria Programme (2021)


Die Zahl der Malaria-Todesfälle weltweit sinkt aufgrund verbesserter Kontrollmassnahmen deutlich auf etwa 622 000, was sich positiv auf das Wirtschaftswachstum in den Endemiegebieten auswirkt.
2020




MMV verleiht Novartis für den Wirkstoff INE963, ein potenzielles «Einzeldosis-Heilmittel» gegen Malaria, die Auszeichnung «Projekt des Jahres». Es gelingt nicht, im Labor gegen den Wirkstoff Resistenzen zu entwickeln.
2021
Mit der weltweiten Lieferung von 1 Milliarde ACT-Behandlungen erreicht Novartis einen Meilenstein und unterstreicht damit ihre wichtige Rolle bei den globalen Bemühungen zur Malariabekämpfung.
Nach Rückschlägen während der COVID-19-Pandemie kommt der Fortschritt jedoch bis 2021 zum Stillstand.
(Ton an)
2022



Novartis treibt die Studien für Malariamedikamente der nächsten Generation voran, um der zunehmenden Gefahr der Arzneimittelresistenz gegen ACTs entgegenzuwirken. Ganaplacide geht in 13 Ländern in die Phase-3-Studien in Kombination mit einer neuen Lumefantrin-Formulierung namens KLU156.
Ausserdem beginnen für einen weiteren Wirkstoff, KAE609 (Cipargamin), Phase-2-Studien zur Behandlung von schwerer Malaria.
2022





Novartis stellt 250 Millionen US-Dollar für die Erforschung neuer Therapien gegen Malaria und vernachlässigte Tropenkrankheiten bereit, darunter vier neue Wirkstoffe gegen Malaria. Aufgrund der vielversprechenden Pipeline für vernachlässigte Krankheiten wie Malaria wird dieses Engagement bis Ende 2025 auf 490 Millionen US-Dollar fast verdoppelt.
Novartis Global Health hat sich zum Ziel gesetzt, Durchbrüche bei Krankheiten zu erzielen, die von anderen vernachlässigt werden, darunter:
Kryptosporidiose
Die Kindersterblichkeit ist seit der Verabschiedung der Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen erheblich zurückgegangen. Zwischen 2000 und 2015 hat sich die Zahl der Fälle fast halbiert und liegt nun bei 43 Todesfällen pro 1000 Lebendgeburten. Diese Zahl ist jedoch immer noch viel zu hoch, insbesondere wenn man einige der ärmeren Regionen wie Subsahara-Afrika betrachtet. Dort liegt die Zahl bei 84 Todesfällen pro 1000 Lebendgeburten. Es ist klar, dass noch mehr getan werden muss.
Novartis arbeitet derzeit an einem Wirkstoff, der Cryptosporidium parvum stoppen könnte.
Leishmaniose
Der Gedanke an Sandfliegen löst nicht unbedingt Angst aus, denn ihr Bild wird oft von Dichtern verwendet. Diese winzigen Insekten können aber verheerende Auswirkungen haben, wenn sie einen Parasiten namens Leishmaniose übertragen. Unterernährung, Armut und Entwaldung gelten als die Hauptursachen für die Ausbreitung der Krankheit, an der laut WHO jährlich rund 30 000 Menschen sterben. Fast 200 Millionen Menschen sind gefährdet, jedes Jahr kommen etwa 1 Million Neuinfektionen hinzu, und schätzungsweise 12 Millionen Menschen leben mit der Krankheit.
Dank eines besseren Verständnisses der zugrunde liegenden Biologie dieser Parasiten arbeitet Novartis an einem Wirkstoff, der auf das Proteasom dieser Parasiten abzielt.
Schlafkrankheit
Anders als der Name vermuten lässt, bedeutet Schlafkrankheit oder afrikanische Trypanosomiasis nicht, dass man Schwierigkeiten hat, wach zu bleiben. Es ist genau umgekehrt. Schlafstörungen sind das zweite Stadium dieser Krankheit, die auch von Symptomen wie Verwirrung, Koordinationsstörungen und Taubheitsgefühlen begleitet wird.
Diese durch Insekten übertragene Krankheit gefährdet etwa 70 Millionen Menschen, wobei die meisten Fälle in der Demokratischen Republik Kongo auftreten. Es gibt zwar Behandlungsmöglichkeiten, aber die derzeitigen Therapien sind schwierig durchzuführen. Sie erfordern hohe Dosen und komplexe Geräte.
Diese in die am stärksten betroffenen Regionen im Kongobecken zu transportieren, ist schwierig. Angesichts der begrenzten geografischen Verbreitung sind die Hoffnungen gross, dass ein neues und einfacher anzuwendendes Präparat von Novartis dazu beitragen könnte, diese Krankheit besser zu behandeln und eines Tages zu beseitigen.
Chagas
Chagas ist eine heimtückische Krankheit, deren frühen Symptome relativ mild und schwer zu erkennen sind. Dazu gehören etwa Fieber und lokale Schwellungen infolge eines Bisses der Raubwanze, die den eukaryotischen Organismus Trypanosoma cruzi, den Auslöser der Krankheit, überträgt.
Sind die ersten Symptome verschwunden, kann Chagas jahrzehntelang unentdeckt bleiben. Die Krankheit lässt sich im Frühstadium zwar behandeln, die langfristigen Folgen sind jedoch äusserst schwerwiegend und können zu einer Vergrösserung der Herzkammern, Herzinsuffizienz und einer Vergrösserung des Dickdarms führen. Um die Krankheit zu bekämpfen, von der mehr als 6 Millionen Menschen in Mittel- und Südamerika betroffen sind, zielt Novartis auf das Proteasom des Protisten ab, der die Krankheit verursacht. Mithilfe neuer Bildgebungstechnologien ist die Entwicklung eines neuen Wirkstoffs nun in greifbare Nähe gerückt.
2023
Partnerschaften sind für Novartis zwar unerlässlich, um ihre Bemühungen um einen besseren Zugang weltweit zu intensivieren, doch verfügt das Unternehmen auch über engagierte Mitarbeitende, die sich dafür einsetzen, alle Patienten zu erreichen, auch diejenigen, die in abgelegenen Gebieten leben. Im Bereich Malaria ist dies der Arbeit von Menschen wie Simona Bosello zu verdanken.
(Ton an)
2024
Quelle: Access to Medicine Index 2024

Novartis steht auf Platz 1 des Access to Medicines Index für ihre Arbeit zur Ausweitung der Forschung und Entwicklung im Bereich vernachlässigter Krankheiten und für die Bereitstellung innovativer Medikamente in bisher nicht versorgten Gemeinden von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
8. Juli,
2025

Das erste Malariamedikament für Neugeborene und Säuglinge erhält die Zulassung von Swissmedic. Diese Bevölkerungsgruppe wurde bisher von der Wissenschaft vernachlässigt, da fälschlicherweise angenommen wurde, sie sei immun.
The
future




Angesichts der zunehmenden Gefahr von Resistenzen gegen Malariamedikamente verfolgt Novartis mehrere neue Wirkstoffe der nächsten Generation gegen Malaria. Diese sind:
KLU156 (Ganaplacid/Lumefantrin-SDF) – ein einmal täglich zu verabreichendes Malariamedikament, das gegen alle bekannten Parasiten, einschliesslich resistenter Stämme, wirksam ist
KAE609 (Cipargamin) – ein neuartiges Spiroindolon, das auf PfATP4 abzielt, Parasiten schnell beseitigt und die Übertragung blockiert
Dreifachkombination – eine Dreifachkombination aus drei Wirkstoffen, die die Wirksamkeit verbessern, die Behandlungsdauer verkürzen und Resistenzen verhindern soll
INE963 – ein schnell wirkendes Malariamedikament der nächsten Generation mit langer Halbwertszeit und hoher Resistenzbarriere
The
future
Diese Behandlungen könnten entscheidend dazu beitragen, eine Krankheit auszurotten, die die Menschheit seit Jahrtausenden plagt.