Bei einer Jahresproduktion von rund 73 Millionen Blisterverpackungen im Werk Cambé fallen erhebliche Abfallmengen an, ganze 200 Kilogramm pro Tag. Dies entspricht etwa 47 Tonnen pro Jahr. Der Abfall entsteht bei Anlagenänderungen, Test- und Vorläufen, beim Beschnitt, bei Stanzfehlern und fehlerhaften Versiegelungen.
Dass die Abfälle bis vor Kurzem auf einer Deponie entsorgt wurden, war für Hellen Schmitt eine unbefriedigende Lösung. Sie weiss, dass sich Aluminium auf einfache Weise recyceln und wiederverwenden lässt.
Bei der Suche nach einer neuen, nachhaltigen Lösung stiess das Team von Schmitt auf Unicomper. Das brasilianische Unternehmen hat sich auf ein Recycling-Verfahren spezialisiert, mit dem aus dem Abfall von Blisterverpackungen Türen, Verkleidungen und Sockelleisten für den Hochbau gefertigt werden.
PVC-Holz
Der Chef von Unicomper, Jorge Luiz Furlan, kam bei einer Reise nach China auf die Idee, Abfall von Blisterverpackungen wiederzuverwenden. Dort konnte er bei Firmen derselben Branche beobachten, wie sie das in Blisterverpackungen enthaltene Aluminium vom PVC trennten. Dies bewegte ihn dazu, eigene Forschungen anzustellen.
Im Gegensatz zu den chinesischen Unternehmen konzentrierte sich Furlan jedoch auf das Ziel, alle Materialien der Blisterverpackungen wiederzuverwenden – also PVC wie auch Aluminium. Das recycelte Material sollte schliesslich als Ausgangsmaterial für ein Extrusionsverfahren dienen, mit dem Halbfabrikate für Türen, Türzargen und Sockelleisten hergestellt werden.
«Nach verschiedenen Test- und Versuchsreihen stellten wir fest, dass das Blistermaterial zusammen mit anderen Rohstoffen wie unbehandeltem Harz, Zusatzstoffen, Karbonat und Holzmehl zu einer Art Teig verarbeitet werden kann, den wir als PVC-Holz bezeichnen. Dieser lässt sich dann in verschiedene Formen giessen», so Jorge Luiz Furlan.
Bei dem von Unicomper entwickelten Recyclingverfahren wird die Blisterverpackung zunächst in feinste Mikropartikel geschreddert. Nach diesem Schritt wird das PVC mit einem elektrostatischen Verfahren vom Aluminium getrennt und nach einer speziellen Rezeptur mit anderen Materialien vermischt. Dadurch entsteht eine zähflüssige Masse, der Ausgangsstoff für neue Produkte.
«Das Recycling des Abfalls erfolgt völlig nachhaltig und verursacht keinerlei Umweltbelastungen, da das PVC-Extrusionsverfahren bei einer Temperatur von 150 Grad Celsius durchgeführt wird», erläutert Furlan. «Bei dieser Temperatur kommt es nicht zum Zerfall des Materials, und es werden keine schädlichen Gase freigesetzt.»
Unicomper verarbeitet jetzt Blisterverpackungsabfall von rund zehn unterschiedlichen Pharmaunternehmen in Brasilien, unter anderem zur Herstellung pilz- und termitenresistenter Türen und Sockelleisten für den brasilianischen Markt.
Derzeit wird das Blister-Recyclingverfahren ausschliesslich mit dem unbenutzten Material durchgeführt, das beim Fertigungsprozess anfällt. Dieses Material ist nicht mit pharmazeutischen Wirkstoffen kontaminiert, die beim Recycling in Form von Mikrospuren in die Endprodukte und damit in die Umwelt gelangen könnten. Bisher gibt es noch kein bedenkenlos praktikables Verfahren, das es erlauben würde, benutzte Blisterverpackungen aus Privathaushalten oder aus Krankenhäusern und Kliniken risikofrei zu recyceln.