Die Produktion von Medikamenten benötigt grosse Mengen Wasser. Gerade in Regionen, in denen Wasserknappheit herrscht, ist ein besonders sorgsamer Umgang mit der kostbaren Ressource gefordert. In Rumänien, Singapur und Indien setzt Novartis Technical Operations auf neue Technologien, um Wasser zu sparen.
Text von Patrick Tschan und Goran Mijuk
Trotz begrenztem Platzangebot fanden die Mitarbeitenden des Teams aus Târgu Mureș ein Grundstück für den Bau der neuen Kläranlage.
Von seiner Quelle in den östlichen Karpaten fliesst der Fluss Mureș nach Westen. Er nimmt einen Umweg von mehr als 1000 Kilometern über die Theiss und die stattliche Donau, bevor er schliesslich ins Schwarze Meer mündet.
Seit Tausenden von Jahren haben die Siedlungen an seinen Ufern vom Flusswasser profitiert, so auch Târgu Mureș, eine Universitätsstadt mit rund 150 000 Einwohnern. Sie liegt in Siebenbürgen in der Mitte Rumäniens, wo einst auch Deutsch gesprochen wurde.
Dank des reichlich vorhandenen Wassers und einer hervorragenden pharmazeutischen Fakultät hat sich die Stadt zu einem der wichtigsten Zentren für die pharmazeutische Industrie Osteuropas entwickelt. So gelang es ihr nach dem Fall des kommunistischen Regimes, mehrere Grossunternehmen der Branche anzusiedeln, darunter auch Novartis Technical Operations (NTO).
Das Unternehmen ist seit 1996 in der Region aktiv und produziert dort jährlich rund 400 Millionen Einzeldosen an Medikamenten. Für die Produktionsprozesse werden grosse Mengen an Wasser benötigt, das danach von allen Schadstoffen gereinigt werden muss.
In der Vergangenheit wurden Rückstände aus der Produktion wie Schlamm, Metalle und pharmazeutische Wirkstoffe zusammen mit dem Wasser in Verbrennungsanlagen für Sondermüll entsorgt. Doch jetzt hat die NTO-Unternehmensleitung in Târgu Mureș eine neue Wasseraufbereitungsanlage bauen lassen, um Wasser, Energie und Kosten zu sparen. Die 2019 in Betrieb genommene Anlage ist mit modernster Kohlefiltertechnologie ausgestattet, die pharmazeutische Wirkstoffe beinahe restlos herausfiltert.
«Wir haben die neue Kläranlage nicht nur gebaut, um strengste Industrienormen einhalten zu können, sondern auch um Wasser zu sparen und dazu beizutragen, dass Novartis ihre Ziele im Hinblick auf die Wasserneutralität erfüllt und zum Wohl der Gesellschaft agiert», so Florin Butiulca, Leiter des Bereichs Health, Safety and Energy am Standort. «Mit dem neuen Verfahren benötigen wir nicht nur weniger Wasser, sondern erzielen auch erhebliche finanzielle Einsparungen, da weniger Produktionsschlamm anfällt», so Butiulca.
Der geringere Wasserverbrauch und die finanziellen Einsparungen sind das Ergebnis eines technischen Quantensprungs: Aktivkohlefilter der neuesten Generation halten pharmazeutische Wirkstoffe wesentlich effizienter zurück als herkömmliche Filter. Bei dem Reinigungsverfahren wird das Produktionswasser zunächst in einem Bioreaktor bearbeitet, bevor es einen Aktivkohlefilter passiert. Dieser hält alle pharmazeutischen Wirkstoffe zurück. Anschliessend gelangt das Wasser in die örtliche Kläranlage, wo es so aufbereitet wird, dass es wieder bedenkenlos in den Mureș eingeleitet werden kann.
«Dies ist ein wichtiger technischer Fortschritt», so Butiulca. «Damit kann das Abwasser an unserem Standort so behandelt werden, dass es anschliessend fast Trinkwasserqualität hat. Dass wir es dann an die örtliche Kläranlage weiterleiten, ist eine zusätzliche Sicherheitsmassnahme. Wir sind so etwas wie ein Vorreiter für andere Branchen, damit auch diese die neuen Technologien einsetzen. Nur gemeinsam können wir die Zielvorgaben der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung zur Reduktion des Wasserverbrauchs erreichen.»
Im Rahmen ihrer Bemühungen gegen den Klimawandel haben die Vereinten Nationen 17 Ziele formuliert. Bei einem dieser Ziele geht es um die Nutzung des Wassers: «Die Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Abwässern ist für alle zu gewährleisten.» Novartis hat sich den UN-Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (SDG) in vollem Umfang angeschlossen. Das Unternehmen möchte bis zum Jahr 2030 wasserneutral wirtschaften und den Wasserverbrauch in den eigenen Betriebsstätten bis 2025 im Vergleich zu den Verbrauchszahlen von 2016 halbieren. Im Jahr 2019 verbrauchte Novartis nur 67,2 Millionen Kubikmeter Wasser; 2016 waren es noch 79,1 Millionen Kubikmeter.
In Singapur befindet sich ein weiteres NTO-Werk, in dem jährlich rund 3 Milliarden Tabletten produziert werden. Auch dort erzielt Novartis durch die Verwendung innovativer Wasserbehandlungstechnologien zur Aufbereitung von Abwasser rasche Fortschritte, wodurch sich der Wasserverbrauch enorm reduziert.
Aufgrund der Wasserknappheit in Singapur sowie der hohen Nachfrage nach Kühlwasser in diesem tropischen Klima ist das Projekt enorm wichtig und für Novartis und den Stadtstaat Singapur von hohem strategischem Wert.
«Trinkwasser ist in Singapur eine wertvolle Ressource», so Manuel Ungerer, Site Development Head in Singapur. «Auf dieser kleinen Insel sind die Möglichkeiten zur Wassereinsparung begrenzt; die Versorgung der 5,7 Millionen Einwohner mit Trinkwasser ist kompliziert und teuer. Daher begrüsst die Regierung alle Massnahmen, welche die öffentliche Wasserversorgung entlasten.»
Um die Vision von einem hochgradig nachhaltigen Standort voranzubringen und die Umweltbelastung zum Schutz der Bevölkerung zu minimieren, entschied die Unternehmensleitung in Singapur, eine effiziente Abwasserreinigungsanlage in Kombination mit einer Umkehrosmose-Einheit zu installieren. Damit lässt sich das Abwasser derart reinigen, dass es für die Wiederverwendung in den Kühltürmen zur Klimatisierung des gesamten Gebäudekomplexes des Novartis-Campus in Singapur ausreicht. Die Umkehrosmose stellt sicher, dass bei der Verdampfung keine Schadstoffe und vor allem keine pharmazeutischen Wirkstoffe in die Umwelt gelangen. «Dank dem Einsatz dieser Technologie werden wir künftig weniger Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung benötigen und so die Regierung darin unterstützen, ihre Wassereinsparziele zu erreichen», erläutert Ungerer.
Seit 2015 verlangt Singapur von allen Industrieunternehmen, einen zertifizierten Energie- und Wasserverantwortlichen zu beschäftigen. Bei der Regierung zeigte man sich von der auf Umkehrosmose basierenden Wasseraufbereitungsanlage von Novartis beeindruckt. Es handelt sich um die erste grosstechnische Anlage dieser Art in Singapur. «Wir sind stolz auf diesen Erfolg. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Regierung unsere Anlage als wünschenswerten Standard für vergleichbare Branchen definiert», so Ungerer.
Bei den Bemühungen in Târgu Mureș und Singapur wurde durch neue Technologien viel erreicht. Doch die Mitarbeitenden in Indien arbeiten an einem anderen innovativen Projekt, um den Wasserverbrauch zu reduzieren und Regenwasser zu sammeln.
Ihr Plan ist es, komplette Wassereinzugsgebiete zu verwalten. Mit neuen Technologien für dieses Unterfangen konnten schon in verschiedenen Regionen knapp gewordene Wasserressourcen erfolgreich wiederhergestellt werden.
«Indien ist eines der Länder, das am schwersten unter Wasserknappheit leidet», so Bhagwat Sudhir, der dem Leitungsteam des Projekts angehört. «In Städten wie Hyderabad besteht die Gefahr, dass das Grundwasser zur Neige geht. Daher untersuchten wir Wassermanagementsysteme, die nicht nur nachhaltig für die Industrie sind, sondern auch positive Auswirkungen für die Bevölkerung haben.»
Beim Management von Wassereinzugsgebieten werden die natürlichen Wasserläufe einer bestimmten Region berücksichtigt, um den Wasserverbrauch zu koordinieren, sei dies für die Bewässerung, die Industrieproduktion oder den privaten Gebrauch. Die Wassereinzugsgebiete werden durch Wasserscheiden begrenzt, also in geografische Regionen aufgeteilt, in denen das Regenwasser über einen einzigen Ablauf, etwa einen Fluss oder ein Flusssystem, abgeleitet wird.
«Wir haben uns für diese Technologie entschieden, weil es nicht länger ausreicht, sich nur auf unternehmerische Anforderungen zu konzentrieren, um eine nachhaltige Geschäftstätigkeit zu gewährleisten», erläutert Sudhir. «Angesichts der zunehmenden Wasserknappheit und der hohen Wahrscheinlichkeit künftiger Konflikte zwischen den Nutzern des Wassers ist es wichtig, nicht nur die Anforderungen des Unternehmens im Auge zu behalten. Vielmehr können wir mit dem Management eines Wassereinzugsgebiets eine nachhaltige Wirkung erzielen, da solche Projekte dazu geeignet sind, die Verfügbarkeit des Wassers für alle in der Region Ansässigen zu verbessern.»
Sudhir und seine Kolleginnen und Kollegen arbeiten mit einer örtlichen NGO zusammen. Ihr Ziel ist es, ein Entwicklungsprojekt für das Management des Wassereinzugsgebiets in der indischen Region Telangana anzustossen, wo das Werk von Novartis angesiedelt ist. «Ziel dieser Initiative ist nicht nur die Verbesserung unseres eigenen Wassermanagements, sondern auch die Bereitstellung nachhaltiger Wasserressourcen für die Bevölkerung», erläutert Sudhir.
Dies kann für die Bewohner enorme Vorteile bringen. Eine Studie einer indischen NGO in 15 Dörfern zeigte, dass das Management ihres Wassereinzugsgebiets die Erntemengen anheben, die Bewässerungsgebiete vergrössern und die Beschäftigungsquote in der Landwirtschaft um 30 bis 230 Prozent steigern kann.
«Wir befinden uns noch in einer sehr frühen Phase», räumt Sudhir ein. «Es wird mindestens zwei Jahre dauern, bis wir die Ergebnisse unseres ersten Pilotprojekts sehen. Wenn man jedoch die Wasserknappheit in Indien und in anderen Ländern weltweit betrachtet, müssen wir definitiv handeln und Innovationen fördern, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen, die nicht nur für die Unternehmen, sondern für die gesamte Gesellschaft attraktiv sind. Beim Pilotprojekt für das Management eines Wassereinzugsgebiets in Indien sind wir mit Sicherheit auf dem richtigen Weg hin zur Erfüllung unseres Ziels, bald wasserneutral zu wirtschaften.»
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