Noch während des Lockdowns fingen im Mai 2020 die Bauarbeiten für den Novartis Pavillon an. Bestimmt kein idealer Zeitpunkt, um ein technisch so komplexes Unterfangen in Angriff zu nehmen. Doch das Team vor Ort nahm alle Hürden gekonnt und stellte das an technologischen und architektonischen Innovationen reiche Gebäude pünktlich fertig.
Text von Goran Mijuk, Fotos von Adriano A. Biondo
Der edle Terrazzoboden im Pavillon...
Publiziert am 25/04/2022
Es ist heiss im kleinen Container vor dem Novartis Pavillon, in dem sich die Bauleitung wöchentlich zur Beratung über den Stand der Arbeiten trifft, als ich mich im Spätsommer 2021 mit Daniel Mischler vom Generalplaner Blaser Architekten treffe, um mit dem Bauleiter über die Entwicklung des Projekts zu sprechen.
Über 30 Jahre lang war der heute 70-Jährige im Baugeschäft tätig. Der Pavillon, quasi der Schlussstein seiner langen Karriere, war dabei weder sein grösstes noch sein längstes Projekt. Doch der prägnante Rundbau vor den Toren des Campus dürfte Mischler lange in Erinnerung bleiben, auch weil das Gebäude zu einem Zeitpunkt in Angriff genommen wurde, als die Welt aufgrund der Coronapandemie stillstand.
«Es war schon seltsam, die Arbeiten während des Lockdowns zu beginnen», erzählt Mischler, während im Hintergrund die Klimaanlage vor sich hin summt. «Alle Arbeiter trugen Masken, als wir mit dem Aushub anfingen, und man fragte sich schon, ob angesichts der Pandemie alles wie geplant verlaufen würde.»
Zwar schüttelte die Pandemie auch die Wirtschaft durch und sorgte weltweit dafür, dass viele Lieferketten empfindlich gestört wurden. Doch die Bauarbeiten gingen grundsätzlich flott voran. Die Planung hatte bereits Jahre zuvor begonnen, und das Material für die komplexe Gebäudehülle sowie das tragende Holzgerüst waren bereits in Produktion.
Einfach gestalteten sich die Arbeiten dennoch nicht, so Mischler: «Vor allem der verregnete Sommer hat uns immer wieder gezwungen, die Arbeiten stillzulegen. Die Trägerkonstruktion aus Holz konnten wir nur bei schönem Wetter installieren. Einerseits war es aufgrund der Glätte zu gefährlich, während des Regens zu arbeiten. Anderseits mussten wir dafür sorgen, dass das Holz nicht nass wurde, damit es später zu keinen Schäden kommt.»
...wurde in aufwendiger Arbeit hergestellt.
Der vom italienischen Architekten Michele De Lucchi entworfene Pavillon besticht nicht nur durch seine prägnante Form, die Assoziationen mit einem Donut oder einem UFO weckt. Vor allem die Hülle und das Gebäudeinnere glänzen mit technologischen und architektonischen Innnovationen.
Dazu gehört nicht nur die tragende, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Holzstruktur des Gebäudes, sondern auch die Tatsache, dass mit der LED- und Solarpanelverschalung des Dachs für eine echte Weltneuheit gesorgt wurde.
«Innovation war beim Bauen auf dem Campus stets ein wichtiges Kriterium», unterstreicht Reto Gisiger, als er mich durch den Rohbau führt. «Jedes Gebäude, das wir seit 2001 auf dem Campus gebaut haben, verfügt über Elemente, die den Innovationsanspruch von Novartis widerspiegeln: Konstruktion, Büroarbeitsplätze, Laborkonzepte, Energieversorgung oder IT-Lösungen.»
Neben geothermischen Speicheranlagen, die fast schon zum Standard beim Energiemanagement der Gebäude auf dem Campus gehören, kamen bei Neubauten seit dem Beginn des Campusprojekts vor allem innovative Raum-, Büro- und Laborkonzepte hinzu, die den Mitarbeitenden ermöglichen, effizienter zusammenzuarbeiten.
Wurden in der Vergangenheit vor allem Einzellabors gebaut, so wagte Novartis beispielsweise im Laborgebäude des englischen Architekten David Chipperfield, eine offene Laborumgebung zu gestalten, um unter anderem auch die Kommunikationswege zu verkürzen.
Andernorts, beispielsweise im eleganten Hochhaus von Herzog & De Meuron, in dem viele Entwicklungsteams arbeiten, die die klinischen Versuche von Novartis managen, wurden die Räume in Zusammenarbeit mit einer Neurologin so konzipiert, dass die Teams flexibel in grösseren und kleineren Gruppen arbeiten können.
Holz spielte eine Hauptrolle beim Bau des Pavillons.
Gisiger, der bereits an mehreren Bauprojekten auf dem Campus beteiligt war und sich dabei vor allem darauf konzentrierte, Konzepte für die hochkomplexen Gebäudelayouts zu gestalten, trägt beim Novartis Pavillon die volle Verantwortung – von Anfang bis zum Schluss.
«Man muss die Augen und Ohren stets offenhalten und darf auch die Details nicht aus den Augen verlieren», erklärt Gisiger. «Es ist aber auch wichtig, dass man flexibel bleibt und auf Änderungen reagieren kann.»
Ein Kraftakt war sicherlich, so Gisiger, als man neben den Holzträgern auch Stahl verbauen musste, nachdem entschieden wurde, den Gebäudedurchmesser zu vergrössern. «Das war keine leichte Umstellung», erklärt Gisiger. «Aber solche Dinge passieren während eines Projekts und sind in der Regel gut zu lösen, wenn man gemeinsam an einem Strang zieht.»
Auch beim Boden musste man Abstriche machen und konnte nicht ausschliesslich mit Holz bauen. «Jeder, der in einem komplett aus Holz gebauten Haus herumläuft, weiss, wie sich das Holz mit der Zeit verzieht. Deshalb wurde entschieden, einen Steinboden zu verlegen, um die nötige Belastbarkeit zu erhalten.»
Die Herausforderungen waren aber jeweils gut zu meistern, auch weil das Einvernehmen mit Mischler und dem Rest des Teams aus Gisigers Sicht stets reibungslos verlief, was nicht zuletzt auf die grosse Erfahrung aller beteiligter Parteien zurückzuführen ist.
In den vergangenen 20 Jahren hat Novartis allein auf dem Campus in Basel über ein Dutzend neue Gebäude gebaut, und Gisiger weiss um die Unwägbarkeiten, die während jeder Bauphase auftreten können.
Dass Novartis über grosse Bauerfahrung verfügt, konnte man vor allem während der Coronapandemie spüren. Als die meisten Mitarbeitenden von zuhause aus arbeiteten, prägten vor allem Bauarbeiter das Bild auf dem Campus. Neben dem Pavillon wurde in den vergangenen Monaten auch an zwei weiteren Gebäuden auf dem Campus gearbeitet. Unter anderem wurde das Hochhaus mit dem Mural von Claudia Comte renoviert und ein älteres Gebäude so umfunktioniert, dass das Friedrich Miescher Institute 2023 vom Rosental-Areal auf den Campus ziehen kann.
Im Inneren des Sturms ist es ruhig ... Künftig wird man bei einem Spaziergang durch den grosszügigen Garten, der den Pavillon umgibt, unter dem Gebäude hindurchgehen können.
Beim Parcours durch den Pavillon hält Gisiger immer wieder inne, um mit den Bauarbeitern zu sprechen oder sie – deutlich, aber freundlich – auf die Schutzvorschriften und die Helmpflicht aufmerksam zu machen.
Dem Schutz der Arbeiter gilt höchste Aufmerksamkeit. Als ich das erste Mal auf dem Gelände ankam, konnte ich beobachten, wie sich vier Höhenarbeiter eine spezielle Schutzausrüstung anzogen, um die vorgefertigten Solar-LED-Elemente auf dem Blechdach anzubringen.
«Jeder Arbeiter musste eine spezielle Schulung absolvieren, um die Standards und Sicherheitsvorschriften einzuhalten, vor allem bei der Montage des Dachs», erläutert Mischler, als ich ihm von der Szene erzähle, und fügt hinzu: «Wirklich schwierig war die Dachkonstruktion, bei der die Blechlamellen, die sich konisch verjüngen, einzeln angebracht werden mussten. Als der Wind stark blies, war an ein Fortführen der Arbeit kaum zu denken. So musste der Spengler rund 60 Tage auf der Baustelle bleiben, bis das Dach fertiggestellt war.»
Lebendiges Material
Genauso wie vor dem Pavillon ist auch im Gebäudeinnern vor der Eröffnung grosse Betriebsamkeit zu spüren. Während draussen die Arbeiten an der Fassade abgeschlossen werden und die Gartenarbeiten in vollem Gang sind, beschäftigen sich im grosszügigen Innenraum des Gebäudes mehr als ein Dutzend Arbeiter damit, die Innenausstattung fertigzustellen.
Trivial ist das nicht. Obwohl viele Einzelstücke, vor allem für die Holzverkleidung, schon vorfabriziert sind, sind vor Ort auch Schreinerarbeiten erforderlich, um die einzelnen Paneele passgenau anzubringen.
Als ich für einen kurzen Termin Ende September wieder im Pavillon vorstellig werde, sind die Schreiner gerade dabei, ein übergrosses Paneel zu montieren. Doch das Stück will nicht passen, und so muss der Vorarbeiter die über zwei Meter lange Platte in einem Kraftakt nochmals abnehmen und zurechtschneiden.
Auch wenn ihm die Anstrengung ins Gesicht geschrieben steht, lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen. Denn der Rundbau verlangt von den Handwerkern nicht nur genaues Arbeiten, sondern auch grosse Flexibilität, weil oft erst vor Ort klar wird, wie sich das Material verhält.
«Eine der grossen Herausforderungen beim Bau des Novartis Pavillon ist, dass wir viel mit Holz arbeiten, das die Eigenschaft hat, sich auszudehnen und zusammenzuziehen», erklärt Gisiger. «Das heisst, wir müssen überall Toleranzen einbauen, um dieses lebendige Material richtig einzufügen.»
Auch bei den innovativen Solar-LED-Elementen für die Medienfassade ist jeweils Spielraum eingebaut, der die Bewegung des Materials und die Bautoleranzen berücksichtigt. «Die Trägerstruktur auf dem Dach ist hochkomplex, weil es die Form des Baus nachzeichnen muss. Die Aussenseite ist konvex gekrümmt und der Übergang von der vertikalen zur geneigten Fläche ebenso. Die Innenseite hingegen ist konkav, aber der Übergang von der vertikalen zur geneigten Fläche konvex», erklärt Christian Reimann von iart, der für die Medienfassade zuständig ist.
Stück für Stück erhält das Dach seine Multimedia-Fassade.
Die Medienfassade ist eines der Highlights des Novartis Pavillon. Sie wird in Zukunft nicht nur von Künstlerinnen und Künstlern bespielt, sondern steht vor allem auch symbolisch für die Öffnung und Dialogbereitschaft von Novartis gegenüber der Bevölkerung.
Im Unterschied zu herkömmlichen Gebäudebeleuchtungen wird der Bau nicht von aussen beleuchtet, sondern von den LED-Lichtern, die in die Solarzellen eingelassen sind. Sie können nach unten an das Stahldach und nach oben vom Gebäude weg leuchten. Für die Fassade entwickelte iart eine Software, die den Künstlerinnen und Künstlern maximale Flexibilität bei der Entwicklung der Bespielungen bietet.
«Die Komplexität der Verkabelung und Elektronik war sehr hoch und forderte das Team von iart in höchstem Mass heraus», erklärt Reimann, als er mir einen Blick in den Schaltplan gewährt, der aussieht, als hätten sich hunderte Spinnen darangemacht, ein Netz aus feinsten, eng beieinanderliegenden Fäden zu weben.
Für die Künstlerinnen und Künstler ist die Technik jedoch nur Mittel zum Zweck. Während die Höhenarbeiter noch daran sind, die Solar-LED-Elemente anzubringen, arbeiten sie an der Umsetzung ihrer Ideen, die dazu anregen sollen, sich mit Themen wie Gesundheit oder Umweltschutz auseinanderzusetzen.
Die Schweizer Künstlerin Esther Hunziker beschäftigt sich mit dem Mikro- und dem Makrokosmos, während das britische Künstlerduo Semiconductor die Medienfassade mit biomorphologischen Figuren bespielen möchte. Der amerikanisch-spanische Künstler Daniel Canogar wiederum will die Fläche nutzen, um damit Daten zum Klimawandel zu visualisieren.
«Das wird eine sehr starke Wirkung haben, wenn alles mal fertig ist», gibt sich Daniel Mischler überzeugt. «Ich werde das sicher von der Dreirosenbrücke aus geniessen, wenn das Dach in der Dunkelheit seinen Zauber verbreitet. Bald werde ich ja dafür Zeit haben.»
Auch Gisiger freut sich auf den Moment, in dem die Medienfassade erstmals aufleuchten wird. Dann weiss auch er, dass sich das Projekt dem Ende zuneigt. Seine Arbeit wird damit aber noch nicht fertig sein. Denn auch wenn draussen die Arbeiten einmal fertiggestellt sind, bleibt beim Innenausbau noch viel zu tun.
Die Ausstellung im oberen Stock des Pavillons hat es mit ihren interaktiven Elementen und der auf Audio und Video fokussierten Ausstellung in sich. «Da ist noch viel Arbeit vor uns», sagt Gisiger. «Doch wenn es so läuft wie bisher, sollte bis zur Eröffnung alles einwandfrei und wie geplant funktionieren. Dann kann auch ich mich etwas zurücklehnen und den Pavillon geniessen.»
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