Sanierung wird beschlossen
content-image
Wissenschaft
00

Die Sanierung wird vorbereitet

Novartis führte in Abstimmung mit den zuständigen Behörden detaillierte Untersuchungen zur Bestimmung der kritischen Schadstoffe am Standort und zur Entwicklung eines Sanierungsplans durch. Darüber hinaus wurde anhand der Empfehlungen externer Experten ein Zielwert für die Sanierungsmassnahmen festgelegt.

Text von Linda Bergsten, Illustration von Ikonaut, Fotos von Gregory Collavini

scroll-down
Home
en
de
zh
jp
Share
Share icon
content-image
Enter fullscreen

Übersicht über die Sondierungsbohrungen und dieKontaminationsgrade im Anfangsstadium der Sanierung.

Publiziert am 01/07/2021

Das Unternehmen Ugine Kuhlmann war 1996 liquidiert worden. Offiziell lag die Verantwortung für die Sanierung des Areals – eines sogenannt herrenlosen Standorts – bei der französischen Regierung. Dennoch verpflichtete sich Novartis als neue Eigentümerin des Areals, die Untersuchung und Sanierung durchzuführen, obwohl das Unternehmen nicht für die Kontamination des Bodens und des Grundwassers verantwortlich war. Novartis verfügte zum damaligen Zeitpunkt bereits über ein Programm zur Überwachung und Sanierung von Produktionsstandorten. Das Unternehmen war aktiv an der Sanierung verschiedener Chemieabfalldeponien im Raum Basel beteiligt.

Projektleitung

Novartis entwickelte für die Sanierung des Areals eine vierstufige Projektleitungsstruktur:

– Der Steuerungsausschuss war externes Leitungsgremium des Projekts, dem wichtige externe Stakeholder wie Vertreter der französischen und der Schweizer Behörden angehörten. Hauptaufgabe des Ausschusses war es, ausgehend vom öffentlichen Umfeld und von den geltenden Vorschriften richtungsweisende Entscheide zu fällen.

– Die Projektkoordination war internes Leitungs- und Aufsichtsgremium des Projekts. Die Hauptaufgabe der Projektkoordination bestand in der strategischen Leitung und der Aufsicht über die Projektaktivitäten. Dieses Gremium traf die Entscheidungen bezüglich Kosten, Zeitplan, Umfang und Qualität.

– Der Kernteam-Projektausschuss war operatives Entscheidungsgremium. Hauptaufgabe dieses Ausschusses war es, alle erforderlichen operativen Entscheidungen zu treffen und Kosten, Zeitplan, Umfang und Qualität des Projekts zu überwachen und zu kontrollieren.

– Der technische Projektausschuss war technisches Entscheidungsgremium. Die Hauptaufgabe dieses Ausschusses bestand darin, die technische Lösung umzusetzen und alle erforderlichen technischen Entscheidungen zu treffen.

Erste Untersuchungen

Novartis stützte das von ihr vorgeschlagene Sanierungskonzept auf Standortuntersuchungen, die die Beratungsfirmen BRGM und Antea in den 1990er-Jahren durchgeführt hatten. Novartis nahm auch Zugriff auf Informationen der französischen Regierung, die den Standort seit dem Bau der Kläranlage 1974 überwacht hatte. 2011 und 2012 führte Novartis zusätzliche Boden- und Grundwasseruntersuchungen durch, um das Ausmass der Kontamination zu ermitteln und den zuständigen Behörden eine Basis für die Sanierungsplanung zur Prüfung und Genehmigung vorlegen zu können.

2011 wurden 76 Bohrlöcher gesetzt, um Materialproben aus sechs bis zwölf Metern Tiefe zu entnehmen. Zusätzlich hob man zehn Gräben von zwei mal vier Metern und einer Tiefe von drei Metern aus, um auszuloten, ob es möglich wäre, das Erdreich vor Ort zu behandeln und damit den Transportbedarf sowie den damit verbundenen Aufwand zu reduzieren. 2012 untersuchte man die Proben auf weitere Chemikalien, darunter Dioxin und Furan, um detailliertere Informationen über Art, Ausmass und Risiken der Kontamination am Standort zu gewinnen. Um diese Erkenntnisse immer auf dem neusten Stand zu halten, waren im Verlauf der Abklärungen und der Sanierungsarbeiten nach und nach über 300 weitere Sondierbohrungen nötig. Die Untersuchungen zeigten, dass das HCH bis zu einer Tiefe von zwölf Metern in Konzentrationen von 0 bis 50 000 mg/kg weit verbreitet vorhanden war. In einem Bereich fand sich in einer Tiefe von sechs bis sieben Metern reines HCH. Das gesamte Gelände wurde je nach HCH-Konzentration in unterschiedliche Kontaminierungsbereiche unterteilt. In einigen Sektoren liessen sich weitere Chemikalien wie Benzol, PCBs, Dioxine und schwere Kohlenwasserstoffe feststellen, aber keine weiteren Pestizide, Aniline oder leichte Kohlenwasserstoffe.

Im Grundwasser lagen die Konzentrationen der α- und γ-Isomere unterhalb der Nachweisgrenze. Es wurden jedoch β- und δ-Isomere entdeckt, und zwar in Konzentrationen von 25 μg / l bzw. 110 μg / l. Diese Konzentrationen waren angesichts des Grenzwerts für die Einleitung von HCH in den Rhein sehr hoch. Dieser war auf 5 µg / l festgesetzt worden.

Gemeinsam mit den Behörden prüfte man die zukünftige Nutzung des Geländes, um die maximal zulässige Konzentration von HCH, das im Boden belassen werden konnte, sowie die damit verbundenen zukünftigen Risiken nach der Standortsanierung zu ermitteln. In diese umfassende Risikoabschätzung und in die Überlegungen zur künftigen Nutzung des Geländes wurden auch andere Schadstoffe wie beispielsweise Chlorbenzole, Dioxine und Furane einbezogen. Ziel der Evaluierung war die Festlegung standortspezifischer Sanierungszielwerte, die von den zuständigen Behörden zu prüfen und zu genehmigen waren.

content-image
Enter fullscreen

Automatisierte Fassabfüllungsstation für Erde mit einem HCH-Gehalt von über 80 Prozent.

Sa­nie­rung wird be­schlos­sen

Nach internen und externen Standortanalysen und der Erstellung von Benchmarks entschied sich Novartis dafür, auf freiwilliger Basis eine Sanierung des Standorts gemäss den Standards für die Nutzung als Wohngebiet durchzuführen. Nach Abschluss der Sanierungsmassnahmen wollte man bei den Behörden offiziell beantragen, dass der Standort aus der französischen Datenbank kontaminierter Standorte (BASOL), entfernt werden sollte. Um potenzielle Gefahren so weit wie möglich zu reduzieren und die künftige Nutzung des Geländes als Wohngebiet zu ermöglichen, wurde mit den Behörden für die Konzentration der Gesamtsumme der HCH-Isomere der standortspezifische Sanierungszielwert von 5 mg / kg vereinbart. Dieser Wert liegt deutlich unter dem nach französischen Normen und Vorschriften zulässigen Höchstwert, der zwischen 10 und 20 mg / kg liegt. Dieser Standortsanierungszielwert stand auch im Einklang mit dem in den Niederlanden geltenden Interventionswert von 1,2 mg /kg für Lindan (nur HCH-γ-Isomer). Eine Grundwassermodellierung für eine Prognose der Grundwasserqualität nach Abschluss der Sanierungsmassnahmen wurde ebenfalls durchgeführt.

Während der Planungs- und Genehmigungsphase gab es intensive Gespräche mit der französischen Regionalbehörde für Umweltschutz, Planung und Wohnungswesen (Direction régionale de l’environnement, de l’aménagement et du logement, DREAL), mit Vertretern von Novartis und mit den externen Planern. Novartis startete zudem eine Ausschreibung zur Suche eines qualifizierten Dienstleisters für das Gesamtprojekt und beauftragte ein Unternehmen, das auf Abfallmanagement spezialisiert ist.

Das Sanierungskonzept

Beim Steuerungsausschuss von Novartis entschied man sich für ein aus fünf Phasen bestehendes Konzept:

1. Beginn der Demontage der Industriekläranlage und der Sanierung im März 2012

2. Fertigstellung des Baus der Rohrleitung von vorhandenen Industriebetrieben zur Industriekläranlage Basel im November 2012

3. Betriebseinstellung der bisherigen Industriekläranlage im Dezember 2012

4. Fertigstellung der Infrastruktur für den Radweg entlang des Rheinufers im Juni 2013

5. Abschluss der Demontage- und Standortsanierungsmassnahmen im Dezember 2013

Mit Präfekturbeschluss (arrêté préfectoral) vom 6. August 2012 genehmigten die französischen Behörden das Sanierungsprojekt und machten Auflagen zum Schutz der Luft, des Grundwassers und des Oberflächenwassers, um Gefahren für Mensch und Umwelt zu verhindern oder zu mindern. Im Einklang mit dem Präfekturbeschluss wurden über hochgradig kontaminierten Bereichen fünf Zelte mit speziellen Luftaufbereitungssystemen errichtet, um potenziell flüchtige Emissionen und lästige Gerüche einzudämmen. Über weniger kontaminierten Sektoren stellte man offene Zelte auf. An den Grundstücksgrenzen wurden zudem Messstationen zur Überwachung der Qualität der Umgebungsluft installiert. Eine Bodenwaschanlage kam zum Einsatz, um die Menge an zu transportierendem und extern zu deponierendem Boden zu reduzieren. Mit Hilfe eines Verfahrens zur Trennung des kontaminierten Erdreichs fraktionierte man den Boden nach der jeweiligen HCH-Konzentration: Erdreich mit hoher HCH-Konzentration kam in Fässer, Erdreich mit mittlerer Konzentration in Container, und Erdreich mit geringer Konzentration wurde zum Weitertransport in zugelassene Abfallbehandlungs- und Entsorgungsanlagen auf Frachtschiffe geladen.

icon

Home
en
de
zh
jp
Share
Share icon