«Ich bin immer auf der Suche nach neuen Ideen und sinnvollen Innovationen auf den Finanzmärkten.» - Daniel Weiss
Publiziert am 01/11/2021
Als Finanzspezialist leitet Daniel Weiss die Treasury-Abteilung von Novartis, die für die Liquiditäts- und Bilanzverwaltung des Unternehmens zuständig ist. Seit Jahren ist er für die Emission neuer Anleihen, Aktienrückkäufe und andere Finanztransaktionen verantwortlich. Wenn die meisten Menschen unter dem Druck, milliardenschwere Geschäfte abwickeln zu müssen, ins Straucheln geraten würden, bleibt er stets ruhig, rational und umsichtig.
Das Durchführen grosser Transaktionen und das Beobachten von Marktentwicklungen erfordern nicht nur Nerven aus Stahl. Ebenso wichtig sind Neugier und die Bereitschaft, Neuland zu betreten. Es waren genau diese Eigenschaften, die Weiss dazu veranlassten, mit dem Chief Commercial Officer von Novartis für die Region Subsahara-Afrika, Emmanuel Akpakwu, zusammenzuarbeiten, um den weltweiten Zugang zu Medikamenten zu verbessern.
«Ich bin immer auf der Suche nach neuen Ideen und sinnvollen Innovationen auf den Finanzmärkten», erklärte Daniel Weiss, als wir uns mit Emmanuel Akpakwu zusammensetzten, um die erste nachhaltigkeitsbezogene Wertpapieremission von Novartis und der gesamten Gesundheitsbranche zu besprechen – eine Initiative, die das starke Engagement des Unternehmens im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) unterstreichen soll.
Nachhaltigkeitsanleihen sind eine neue Klasse von Unternehmensschuldtiteln. Im Gegensatz zu herkömmlichen Anleihen sind bei diesen Instrumenten die Zinszahlungen an Unternehmensergebnisse gekoppelt, etwa an den Umweltschutz oder das soziale Engagement. Im Rahmen ihrer Strategie hat sich Novartis dafür entschieden, die Zinszahlungen an ihre Mission zu koppeln: die Sicherstellung des Patientenzugangs zu Medikamenten. Werden die festgelegten Ziele nicht erreicht, erhalten die Anleger automatisch eine höhere Zinszahlung.
«Zum ersten Mal erfuhr ich 2012 von solchen Instrumenten, aber zu diesem Zeitpunkt waren sie für unsere Bedürfnisse nicht geeignet», führte Weiss aus. Das Volumen der ausgegebenen Zertifikate war für die Bedürfnisse von Novartis zu klein und zu eng gefasst. Das Unternehmen gibt für den allgemeinen Finanzbedarf in der Regel Schuldtitel im Umfang von drei bis fünf Milliarden US-Dollar aus. «Angesichts der Grössenordnung unserer normalen Transaktionen war es nicht angemessen, Anleihen zur Finanzierung eines begrenzten Projekts, wie etwa zur Installation von Solarmodulen, auszugeben.»
Doch als sich ein Markt für diese neuen Instrumente entwickelte und die Anleihen von einem konkret definierten Geschäftszweck entkoppelt wurden, sah Weiss eine günstige Gelegenheit für Novartis. «2019 legte das italienische Energieunternehmen Enel eine Anleihe auf, die nicht an ein bestimmtes Projekt, sondern an verschiedene Leistungsindikatoren geknüpft war. Da erkannte ich die Chance für Novartis, eine solche Anleihe zu lancieren, und so fing ich an, die Idee mit meinen Kollegen und dem Management zu diskutieren.»
Mehr Mut
Während Daniel Weiss die Idee gemeinsam mit einer Vielzahl interner Stakeholder auslotete, griff Emmanuel Akpakwu, der damals im Strategieteam des Unternehmens tätig war und sich auf die Verbesserung des Firmenimages und der Reputation konzentrierte, eine ähnliche Idee auf. Beide wussten zu diesem Zeitpunkt nicht, dass sie den gleichen Tunnel von verschiedenen Seiten aus gruben und sich bald treffen würden.
«Im Rahmen unseres Auftrags, den Ruf und das Vertrauen in das Unternehmen zu stärken, waren wir auf der Suche nach Lösungen, die zeigen, dass wir es mit unseren Bemühungen, den Zugang zu Medikamenten weltweit zu verbessern, ernst meinen und dass wir bereit sind, über die finanziellen Ziele hinauszugehen und uns auf die Patienten zu konzentrieren», erläuterte Akpakwu, wie er und sein Team das Versprechen von Novartis, der Gesellschaft mehr zurückzugeben, in die Praxis umsetzten.
Das globale Gesundheitsengagement von Novartis ist vielfältig und erstreckt sich über mehr als fünf Jahrzehnte. Den Auftakt bildete ein kleines Schulungszentrum für medizinisches Personal in Ifakara, Tansania. In den 1960er-Jahren führte dieses frühe Engagement zur Gründung der Basler Stiftung zur Förderung der Entwicklungsländer, auf die in den 1970er-Jahren eine eigene Afrika-Strategie folgte.
Seitdem haben die globalen Gesundheitsaktivitäten des Unternehmens an Umfang und Reichweite zugenommen. So wurden um die Jahrtausendwende beispielsweise die Malaria-Initiative und das Lepra-Programm ins Leben gerufen. Durch diese gross angelegten Projekte hat Novartis Millionen von Patienten erreicht und die Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern bei der Bekämpfung einiger der schlimmsten Infektionskrankheiten unterstützt.
Darüber hinaus hat Novartis in den vergangenen Jahren ein Medikamentenprogramm zur Behandlung chronischer Krankheiten in Entwicklungsländern ins Leben gerufen, ein Projekt zur Behandlung der Sichelzellenanämie in Afrika lanciert und in neue Wege investiert, damit die innovativen Medikamente des Unternehmens die Entwicklungsmärkte viel früher als bisher erreichen. Zudem hat Novartis während der Pandemie ein umfangreiches Portfolio von Generika zur Versorgung von Patienten mit COVID-19-Symptomen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf den Markt gebracht – eine Initiative, die von Emmanuel Akpakwu und Nicola Lister, Chief Medical Officer von Global Health, geleitet wurde.
«Unsere Stakeholder wissen, dass unsere Bemühungen im Bereich der globalen Gesundheit breit angelegt sind. Aber wir haben uns mehr vorgenommen und wollten nicht nur kühne Ziele verfolgen. Unsere Überlegungen im Strategieteam gingen so weit, dass wir bereit waren, unseren Ruf aufs Spiel zu setzen, sollte es uns nicht gelingen, die gesteckten Ziele zu erreichen. Es ging uns nicht nur um Worte, sondern darum, unseren Stakeholdern zu zeigen, dass wir unseren Zielen gerecht werden wollen», so Akpakwu.
Irgendwann im Jahr 2019 kam Akpakwu auf die Idee einer Anleiheemission und stellte sie einige Monate später dem Global Health Leadership Committee vor. Zu diesem internen Ausschuss, der die Bemühungen von Novartis im Bereich des Medikamentenzugangs steuert, gehörten Lutz Hegemann, Head Corporate Affairs and Global Healthcare, und Patrice Matchaba, ein Unternehmensveteran, der einen grossen Teil der Corporate-Responsibility-Bemühungen von Novartis leitet.
«Als wir der Führungsgruppe unseren Plan vorstellten, waren die Kollegen nicht nur begeistert. Sie brachten mich auch sofort mit Daniel in Kontakt, da sie wussten, dass er im Finanzbereich an einer ähnlichen Idee arbeitete», schilderte Akpakwu die Abfolge der Ereignisse, die zu seinem ersten Treffen mit Weiss führten.
Kurz darauf sassen die beiden zusammen und arbeiteten an der Struktur der Anleihe, die Novartis nicht nur bei der Deckung ihres Finanzbedarfs helfen, sondern vor allem auch die Bereitschaft des Unternehmens widerspiegeln sollte, seine ambitiösen globalen Gesundheitsziele zu erreichen und einen bedeutenden Beitrag zu den Gesundheitssystemen in Entwicklungsländern zu leisten.