Publiziert am 01/07/2021
Ende Januar 2018 wurde ich von einer öffentlichen Behörde aus Mitteleuropa kontaktiert und gebeten, bei der Sanierung einer grossen HCH-Deponie in einer ehemaligen Lindan-Produktionsanlage Unterstützung zu leisten. Meine konkrete Aufgabe bestand darin, den technischen Umfang der Ausschreibungsunterlagen zu beurteilen, also den Rahmen dafür abzustecken, wie die Projektdurchführung durch den Anbieter zu erfolgen hatte. Nach Durchsicht meiner Unterlagen und der Fälle, mit denen ich mich früher befasst hatte, sowie meiner Sammlung von HCH-Fallbeispielen erkannte ich, dass viele der verfügbaren Informationen veraltet waren und bei zahlreichen Fällen nur allgemeine Beschreibungen vorlagen. Trotz meiner 30-jährigen Erfahrung als Direktor der International HCH & Pesticides Association fehlten mir gut dokumentierte Unterlagen über die Detailprobleme, von denen ich wusste, dass sie während der Sanierungsarbeiten auf der Baustelle meines Kunden bestimmt auftreten würden.
Diese Situation war für mich nicht neu. Projekte, bei denen durch Lindan kontaminierte Standorte analysiert und saniert werden sollen, zählen zu den kompliziertesten und teuersten Sanierungsvorhaben. Der Austausch von Daten hat bei den Eigentümern, seien dies nun öffentliche Stellen oder Privatunternehmen, keine besonders hohe Priorität. Doch von Lindan-Altlasten dieser Art gehen beträchtliche Risiken für die Gesundheit und die Umwelt aus.
Der Kontakt zu Novartis
Als ich den neuen Auftrag erhielt, hatte ich bereits durch die STEIH-Newsletters vom Sanierungsprojekt bei Novartis erfahren. Ich stand schon im Februar 2018 in Kontakt mit Vertretern der Firma, die mir freundlicherweise technische Daten zum Umfang und zu den Kosten der Sanierungsaktivitäten am STEIH-Standort bereitgestellt hatten. Die Informationen sollten in einen Bericht über das Ausmass des HCH-Problems in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einfliessen, den ich gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen zu veröffentlichen plante.
Vor diesem Hintergrund verfasste ich Ende November 2018 eine Anfrage an Novartis mit der Bitte, die Möglichkeiten eines technischen Austauschs über alle praktischen Fragen zu erörtern, die mein Kunde bei seinem Projekt zu erwarten hatte. Wir interessierten uns insbesondere für konkrete Umsetzungskonzepte zu Geruchs- und Staubemissionen und für die Kenntnisse, die in Sachen Emissionsschutzgehäuse, sprich Zelte, vorhanden waren. Wir hofften, konkrete Erfahrungen und möglicherweise auch neue Entwicklungen in unsere Arbeitsverfahren einbringen zu können. Ich stellte eine Reihe «brisanter» Fragen:
– Wie stellen wir sicher, dass wir über ausreichende Informationen über die Kontaminationen verfügen, um eine effiziente Durchführung des Sanierungsprojekts gewährleisten zu können?
– Wie können wir sicherstellen, dass keine Aufträge an Anbieter vergeben werden, die die Komplexität und die Tragweite der HCH-Problematik nicht ausreichend kennen?
– Wie können wir die Staub- und Geruchsemissionen von HCH und Abbauprodukten kontrollieren? Dies ist ein Bereich, über den sehr wenig veröffentlichte Arbeiten vorliegen.
– Wie können wir möglichst effizient mit den Projekt-Stakeholdern kommunizieren?
Ehrlich gesagt, hatte ich die übliche, freundlich formulierte Absage erwartet, dass ein Austausch dieser Art leider nicht möglich sei. Doch ich sollte mich täuschen! Anfang Januar 2019 erhielt ich eine Nachricht von Novartis, dass man bereit sei, eigene Erfahrungen weiterzugeben und alle Fragen auf unserer Liste zu erörtern. Unsere zweitägigen Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern von Novartis sowie des Beratungsunternehmens und mit dem Auftragnehmer fanden kurz danach vor Ort statt. An den Gesprächen nahm neben mir auch mein Kunde aus Mitteleuropa teil. An diesen beiden Tagen erhielten wir sämtliche gewünschten Informationen. Alle Beteiligten zeigten echtes Interesse, meinen Kunden und mich so weit wie möglich zu unterstützen und ihre eigenen Erfahrungen weiterzugeben. Dies war viel mehr, als wir erwartet hatten.