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Schwarz-weiss Portrait Coramine.

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Perle aus dem Novartis-Archiv.

Fotografie eines Mädchens

Text und Foto von Novartis Heritage & Company Archives.

Was auf den ersten Blick wie ein typisches Kinderporträt aus den 1930er-Jahren wirkt, dokumentiert in Wahrheit eine der ältesten im Unternehmensarchiv erhaltenen Patienten-Storys. 1931 erwartet eine junge Familie aus Toronto, Kanada, Nachwuchs. Bei der Geburt der Tochter ergeben sich allerdings Komplikationen. Das Neugeborene atmet nicht richtig und droht zu ersticken. Es überlebt nur dank der Injektion des 1924 von der CIBA eingeführten Analeptikums Nicethamid, das Kreislauf und Atmung stimuliert.

Das Porträt, auf dem das Mädchen wenige Jahre später quietschfidel in die Kamera blickt, ist eine von etwa 500000 Fotografien im Unternehmensarchiv. Zu den fast fünf Regalkilometern an Beständen gehören nämlich nicht nur Akten und Publikationen, sondern auch eine Vielzahl an Objekten und Bildmaterial. Das umfangreiche Vermächtnis von Novartis und ihrer Vorgängerunternehmen in der Forschung sowie einzelner Therapiegebiete lässt sich daran gut nachverfolgen.

Nicethamid steigert die Aktivität des Sympathikus im zentralen Nervensystem und wirkt auf diese Weise stimulierend auf Atmung, Kreislauf und indirekt die Herztätigkeit. Bei diesem Wirkstoff handelt es sich nicht um den Extrakt eines Naturstoffs, sondern um ein Molekül, das in den Laboratorien der CIBA von Chemikern synthetisiert wurde. Ein breites Anwendungsspektrum machte die innovative Neuentwicklung kommerziell schnell erfolgreich. In Kombination mit anderen Medikamenten wurde es beispielsweise bei Herzinsuffizienz und bei Kreislaufschwäche eingesetzt. Zudem konnte es als Gegenmittel zu den damals verbreiteten Schlaf- und Beruhigungsmitteln aus der Klasse der Barbiturate angewendet werden. Auch CIBA hatte davon ein Präparat im Portfolio, das wie alle Barbiturate bei Überdosierung letale Folgen haben konnte. Nicethamid erwies sich hier als wirkungsvoller Antagonist. Der neuartige Wirkmechanismus sorgte für aus damaliger Perspektive spektakuläre Fälle von Wiederbelebungen. Ein Beitrag in der CIBA-Hauszeitschrift berichtete 1943 u.a. vom erfolgreichen Einsatz gegen die erwähnten Vergiftungen durch Schlafmittel oder durch offene Gashähne in der Wohnung. Auch beim sommerlichen Badespass beinahe Ertrunkene kamen nach einer Injektion von Nicethamid wieder zu Atem. Mit den diversen Anwendungsmöglichkeiten und dem lebensrettenden Nutzen unterstrich der Artikel zugleich die Forschungsleistung der CIBA. Nachfolgepräparate sind bis heute auf dem Markt.

Zum weiteren Leben des kleinen Mädchens ist in unserem Unternehmensarchiv nichts überliefert. Allerdings kennen wir ihren Vornamen. Aus Dankbarkeit über die lebensrettende Wirkung beschlossen die Eltern, ihre Tochter nach dem Präparat zu benennen: Coramine.